Einfluß d. bundesstaatl. Verfassung d. Deutschen Reiches auf d. Militärgewalt. 5
als sie kraft ihrer Kompetenz-Kompetenz die bestehende Kompetenz-
verteilung einseitig zu ihren Gunsten verändern kann.
Das wesentlichste Charakteristitkäum des deutschen Bundesstaates
ist danach das Vorhandensein zweier Gewalten, der Reichsgewalt und
der Einzelstaatsgewalt, welche mit bestimmten Befugnissen ausgerüstet
sind und sich zu einer höheren Staatsgewalt, der Staatsgewalt des
deutschen Bundesstaates ergänzen. Diese ist geteilt, eben weil sie
sich aus den beiden Gewalten zusammensetzt. Was das Verhältnis
der beiden Gewalten betrifft, so sind sie als Teile der Bundesstaats-
gewalt aufeinander angewiesen, und voneinander abhängig; keine ist
eine volle, alle Staatstätigkeiten umfassende Staatsgewalt. Nimmt
auch die Reichsgewalt auf Grund ihrer Gesetzgebungskompetenz im
großen und ganzen. eine übergeordnete Stellung ein, ist auch die Einzel-
staatsgewalt bezüglich einzelner Teile ihrer Befugnisse eine voll-
ständig unselbständige und untergeordnete# Gewalt, welche im Namen
der Reichsgewalt und als Organ derselben tätig wird, so stehen doch
prinzipiell die beiden Gewalten, eben weil sie sich einander ergänzen,
gleichgeordnet nebeneinander. Eine Zweiheit der Gewalten ist also
das „Grundverhältnis, welches das gesamte Staatswesen Deutschlands
beherrscht, und in welches sich jede staatliche Organisation und Tätigkeit
einfügen muß“.1
B. Wenn nun im Einheitsstaate die Militärgewalt eine einheitliche,
ungeteilte ist, wenn es im Einheitsstaate nur einen einzigen Militär-
gewalthaber gibt, müssen wir uns jetzt fragen, ob und inwieweit die
eben festgestellte Zweiheit der Gewalten, die Teilung der Staatsgewalt
im deutschen Bundesstaate in der Organisation des Heerwesens zur
Geltung kommt, ob etwa auch von einer Teilung der Militär-
gewalt sich sprechen läßt und demnach zwei Militärgewalthaber zu
unterscheiden sind, denen die Militärgewalt geteilt zusteht, — kurz,
welches das Wesen der Militärgewalt in unserem Bundesstaate ist.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Organisation der
Staatsgewalt auch die Organisation der Militärgewalt beeinflußt.
Abgesehen davon, daß die Militärgewalt ein Teil der Staatsgewalt
ist, beweist dies auch die Entwickelungsgeschichte: des deutschen Heeres.
1 So Hänel 209. 1
* Vgl.: Schulze II, 239 ff.; Gümbel 134 ff.; Gau 4 ff.