10 Die Quellen der Militärgewalt.
Die für die Militärgewalt die Grundlage bildenden Verfassungs-
normen erhalten durch eine große Anzahl von Reichsmilitärgesetzen
und Verordnungen eine weitere Ausführung.
II. Die Militärkonventionen.
1. Begriff und Arten derselben.
A. Die militärische Organisation beruht aber nicht ausschließlich
auf der Verfassung. Die politischen und militärischen Verhältnisse bei
Gründung des Norddeutschen Bundes und Deutschen Reiches bedingten
notwendigerweise Abweichungen von der prinzipiellen Gestaltung, die man
dem Heerwesen in der Verfassung gegeben hatte. Einmal vertrug es
sich nicht mit den militärischen Anforderungen, insbesondere nicht mit
der Schlagfertigkeit des deutschen Heeres, daß die von der Verfassung
den Landesherren übertragenen militärischen Befugnisse auch von den
Fürsten der kleinen und kleinsten deuitschen Staaten über ihre winzigen
Truppenkörper ausgeübt wurden; andererseits machte die politische
Stellung einiger größerer Staaten eine besondere Berücksichtigung der-
selben nötig. So wurden von den Einzelstaaten in der Zeit von
1867—18731 mit Preußen oder mit dem Norddeutschen Bunde bzw.
Deutschen Reiche Verträge bezüglich des Militärwesens, sog. Miliär-
konventionen, abgeschlossen, die das in der Verfassung aufgestellte Normal-
recht durch Festsetzung bestimmter Modifikationen den Verhältnissen der
verschiedenen Einzelstaaten anpaßten und ein dem Verfassungsrecht
gegenüberstehendes Partikularrecht erzeugten.
B. Nach ihrem Inhalte lassen sich die Militärkonventionen —
abgesehen von der Ulmer Konvention vom 16. Juni 1874 — in zwei
Gruppen zerlegen: in die Militärkonventionen Bayerns,
Württembergs und Sachsens mit dem Norddeutschen Bund, und
in die Militärkonventionen aller übrigen deutschen Einzel-
staaten mit Preußen und dem Norddeutschen Bunde bzw. Deutschen
Reiche. ·
Die Militärkonventionen der ersten Gruppe erweitern und ver—
mehren die verfassungsmäßigen Militärhoheitsrechte von Bayern,
1 Nur die Braunschweiger Mil.-Konv. ist erst 1886 zustande gekommen.