Die Militärkonventionen. 13
Nun ist aber zweifellos, daß die Verfassung, wie jedes entgegen-
stehende Gesetz, so erst recht jeden widersprechenden Vertrag außer
Kraft setzt. Soll der Vertrag Gültigkeit erlangen, so muß er, auch
wenn er vor der Verfassung abgeschlossen worden ist, in der Verfassung
besonders anerkannt werden, wie es z. B. bei der württembergischen.
und bayernschen Konvention geschehen ist. Ist keine solche Anerkennung
vorhanden, so ist der Vertrag, soweit er der Verfassung ent—
gegensteht, als ungültig anzusehen, gleichgültig um die Absicht der
Kontrahenten. In der Verfassung findet sich keine Sanktion der
sächsischen Konvention, weder eine allgemeine, — a 66 kommt hierfür,
wie wir unten! sehen werden, nicht in Betracht; er gibt nicht das
Recht zu vertragsmäßigen Verschiebungen der militärischen Kompetenzen
zwischen Reich und Einzelstaaten, sondern bestätigt nur das Recht
der Einzelstaaten, untereinander Konventionen zu schließen, —.
noch eine spezielle. Darum ist auch von der sächsischen Militär-
konvention zu sagen, daß sie, soweit sie der Verfassung entgegenstehende
Bestimmungen enthält, ungültig, im übrigen gültig ist.
Ihre unter diesem Gesichtspunkte materiell gültigen Bestimmungen
sind auch nicht deswegen als ungültig anzusehen, weil die Konvention
vom preußischen König in seiner Eigenschaft als Bundesfeldherr zu
einer Zeit geschlossen worden ist, wo er noch gar nicht Bundesfeldherr
war. Dies hieße ganz formal urteilen und die politische Stellung, die
der König von Preußen bei Gründung des Norddeutschen Bundes
eingenommen hat, vollständig ignorieren!
Nach der Auffassung der verbündeten Regierungen ist nun die
sächsische Konvention nicht nur zum Teil, sondern in ihrem vollen Um-
fange gültig und wird auch danach behandelt. Da man nicht an-
nehmen kann, daß sie obigen staatsrechtlichen Grundsatz von der Priorität
der Verfassung gegenüber Verträgen nicht kennen, muß die Meinung
der Regierungen dahin gehen, daß die Konvention keine der Verfassung
widersprechende Bestimmungen enthält. Anderenfalls würde auch die
sächsische Regierung, wenn sie der Ansicht gewesen wäre, daß durch
die Verfassung einzelne Konventionsbestimmungen außer Kraft gesetzt
würden, auf die Sanktion der Konvention in der Verfassung ge-
drungen und ohne diese die Verfassung nicht angenommen haben.
1 S. u. S. 15.