Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Der Inhaber der Verordnungsgewalt. 23 
II. Der Inhaber der Verordnungsgewalt. 
1. Die Rechtsverordnungen. 
Lebhafter Streit herrscht darüber, wem die Verordnungsgewalt 
bezüglich des Militärwesens zukommt. Um zu einem Ergebnis zu 
gelangen, ist es notwendig, die verschiedenen Arten der Verordnung 
auseinanderzuhalten und Rechts= und Verwaltungsverordnungen ge- 
sondert zu betrachten; haben beide Arten der Verordnung doch nur 
das gemeinsam, daß sie Willensäußerungen der Staatsgewalt sind, 
die ohne Mitwirkung des Parlamentes rechtswirksam werden. 
A. Was die Rechtsverordnungen im allgemeinen anlangt, 
so regeln sie den Rechtszustand der Untertanen und stehen darum 
inhaltlich den Gesetzen gleich. Sie erzeugen Recht mit Rechtskraft 
gegenüber den Untertanen. — Da sie in die Rechtsverhältnisse der 
Untertanen eingreifen, wäre nun eigentlich in unserem konstitutionellen 
Staate zu ihrem Zustandekommen die Mitwirkung des Parlamentes 
erforderlich. Wenn sie trotzdem ohne solche Mitwirkung gültig sind, 
so liegt dies daran, daß das Parlament durch einen Gesetzgebungsakt 
auf sein Mitwirkungsrecht verzichtet hat, daß ein Gesetz die Ermäch- 
tigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung enthält.1 
Eine solche Ermächtigung macht ein grundsätzlich der Gesetzgebungs- 
gewalt unterliegendes Gebiet der Verordnungsgewalt zugänglich. Sie 
kann in einem Reichs= oder Landesgesetz enthalten sein, je nachdem 
die Gesetzgebungsgewalt über das Gebiet, welches durch die Ver- 
ordnung normiert werden soll, dem Reiche oder dem Einzelstaate zu- 
steht. Sie muß den Inhalt der zu erlassenden Verordnung näher 
fixieren, um die Gebiete der Gesetzgebungs= und der Verordnungsgewalt 
voneinander abzugrenzen. Sie wird auch den Inhaber der Verordnungs- 
gewalt näher bezeichnen. Ist dieser nicht besonders genannt, so kann 
nur derjenige der Inhaber der Verordnungsgewalt sein, dem für 
das Gebiet, das der Verordnungsgewalt unterliegen soll, die Gesetz- 
gebungsgewalt zusteht. Der Inhaber des Rechtsverordnungsrechtes 
kann danach sowohl das Reich, wie auch der Einzelstaat sein. Keines- 
wegs ist für den Fall, daß der Inhaber nicht genannt ist, der Bundesrat 
1 Vgl. Hänel 297; Meyer, St. R. 517.
	        
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