Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

38 Der Inhaber der Militärgewalt. 
Neben der Regierungsgewalt über das Heer besteht noch eine Re- 
gierungsgewalt über die Festungen, die in einem Anhange behandelt 
werden wird. 
1. Die Organisierung des Heeres. 
A. Die Organisierung des Heeres bedeutet die Bildung und 
Ergänzung des Heeresorganismus aus dem Volke. Sie geschieht durch 
das Ersatzgeschäft und durch die Anstellung von Berufssoldaten. 
a) Die notwendige Voraussetzung für das Ersatzgeschäft bildet 
die allgemeine Wehrpflicht, die in a 57 statuiert ist. Danach ist 
jeder Deutsche mit dem 1. Januar des Jahres, in dem er das 
20. Lebensjahr vollendet, „militärpflichtig“, d. h. verpflichtet, sich zur 
Stammrolle zu melden und zu gestellen.! Dem Staate liegt es nun 
ob, die Meldung und Gestellung der Militärpflichtigen entgegen- 
zunehmen, über ihre Tauglichkeit zum Militärdienst zu entscheiden und 
die Tauglichen als „Wehrfähige“ auszuheben und in das Heer ein- 
zustellen, wodurch letztere „)dienstpflichtig“ werden. Auf diese Weise 
wird das Heer gebildet; der Staat macht besonders befähigte Militär- 
pflichte zu „Dienstpflichtigen", d. h. zu Angehörigen des Heeres, welche 
verpflichtet sind, militärische Dienste gemäß a 59 zu leisten. Diese 
Tätigkeit des Staates, die die Einreihung wehrfähiger Militärpflichtiger 
in das Heer bezweckt, nennt man das „Ersatzgeschäft". Es wird 
von den Ersatzbehörden vorgenommen, deren vier zu unterscheiden sind: 
die Ersatzkommission, die Oberersatzkommission, die Ersatzbehörde der 
3. Instanz, die Ersatzbehörde der Ministerialinstanz.) Dies sind ge- 
mischte Behörden, welche sich aus Militärpersonen und Beamten der 
Zivilverwaltung zusammensetzen. Sie sind einander übergeordnet. Die 
oberste Instanz, die Ministerialinstanz, wird durch die Kriegsministerien 
derjenigen vier Einzelstaaten, welche die den Einzelstaaten nach der Ver- 
fassung zustehende Regierungsgewalt tatsächlich auch ausüben, in Ver- 
bindung mit den höchsten Zivilverwaltungsbehörden dieser vier Einzel- 
staaten gebildet.¾ Sie hat die letzte Entscheidung darüber, ob jemand 
wehrfähig, dienstpflichtig ist oder nicht. Sie leitet also das Ersatz- 
geschäft; in ihrem Namen, richtiger im Namen des Landesherrn, dem 
die Ministerialinstanz ihrerseits untergeordnet ist, nehmen die Ersatz- 
behörden ihre Tätigkeit vor; seiner Entscheidung müssen sich die Militär- 
1 S. Wehrordnung § 20ff. S. Wehrordnung § 2.1. 2 S. Wehrordnung 8§ 2.2.
	        
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