40 Der Inhaber der Militärgewalt.
nungen geben. Diese Verordnungen haben unter Gegenzeichnung des
Kriegsministers? zu ergehen, unterliegen aber sonst keinen Beschränkungen,
insbesondere nicht denen des a 68.5, sind also nicht bloße formelle Ver-
ordnungen. Der Kaiser hat nur ausnahmsweise bei der Beförderung
der Offiziere zu den höchsten Befehlshaberstellen mitzuwirken oder die-
selbe selbst vorzunehmen. So hat er nach a 64.2 einerseits der Er-
nennung der Generäle innerhalb der Kontingente durch die betreffen-
den Kontingentsherrn zuzustimmen, andererseits die Höchstkomman-
dierenden der Kontingente, sowie alle Offiziere, welche mehr als ein
Kontingent befehligen, wie auch die Festungskommandanten selbst zu er-
nennen. Nach aà 64.3 hat er weiter das Recht, für obige von ihm zu
besetzende Stellen die Offiziere aus allen Kontingenten auszuwählen.
In Sachsen erfährt dieses kaiserliche Recht durch a 7.3 der sächsischen
Militärkonvention nur insofern eine Modifikation, als der Kaiser die
Höchstkommandierenden der Armeekorps auf Grund von Vorschlägen
des Königs von Sachsen ernennt. Da der Kaiser an diese Vorschläge
nicht gebunden ist, enthält auch a 7 der sächsischen Militärkonvention
keine Einschränkung des verfassungsmäßigen kaiserlichen Rechts und ist
als gültig anzusehen. Anders die Bestimmung des Nachtragsprotokolls
vom 8. Februar 1867; als gegen a 64.3 verstoßend, hat sie keine
formalrechtliche Gültigkeit, wenn sie auch faktisch in Anwendung ist.
). Die Organisierungsgewalt, als ein Teil der Regierungsgewalt,
liegt somit allein in den Händen der Einzelstaaten. Ihnen steht sowohl
das Ersatzgeschäft, d. h. die Aushebung und Einstellung der wehrfähigen
Militärpflichtigen, wie die Anstellung der Berufssoldaten, welche sich frei-
willig zur Übernahme der Dienstpflicht erbieten, zu. Der Kaiser hat nur
bezüglich der höchsten Offiziere ein Beförderungs= und Versetzungsrecht.
Damit, daß der Kaiser auf Grund des ihm in a 63.3 über-
tragenen Inspektionsrechtes über die Kriegstüchtigkeit und Vollzählig-
1 So in Sachsen. In Preußen werden diese Verordnungen gemäß dem Erlaß
vom 18. Januar 1861 als Ausfluß der Kommandogewalt angesehen und werden
nicht gegengezeichnet. Sie sind aber ein Ausfluß der Regierungsgewalt und sonach
gegenzuzeichnen. Wären sie ein Ausfluß der Kommandogewalt, so müßten sie den
Ernannten auch militärische Funktionen, ein militärisches Amt übertragen. Das-
selbe erlangen die Ernannten aber erst durch die Diensteinweisung ihrer mit
militärischem Befehlsrecht ausgestatteten militärischen Vorgesetzten. Vgl. hierzu auch
u. S. 66. — Richtiger Ansicht: Meyer, V. R. II, 103; v. Kirchenheim in
v. Stengels Wörterbuch II, 186; falsch: Gau 19; Bornhak 40; Laband IV, 86, 57.