Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

56 Der Inhaber der Militärgewalt. 
Konventionen enthaltenen Bestimmungen, welche den verfassungsmäßigen 
Zustand modifiziexen, tatsächlich nur von den vier Einzelstaaten: 
Preußen, Bayern, Württemberg und Sachsen ausgeübt. Für die 
übrigen Staaten übt Preußen die Regierungsgewalt aus; dieselben 
sind aber trotzdem noch als Inhaber der Regierungsgewalt anzusehen, 
da sie in den Militärkonventionen nur die Ausübung der Regierungs- 
gewalt an Preußen übertragen haben. 
Soweit die Regierungsgewalt den Einzelstaaten zusteht, üben 
sie dieselbe völlig selbständig aus. Die Landesherrn erlassen unter 
Gegenzeichnung ihrer Kriegsminister die Verwaltungsverordnungen, 
welche die Tätigkeit der unteren Militärbehörden regeln und leiten. 
Nur ihnen sind diese Militärbehörden Gehorsam schuldig; nur ihnen 
sind sie untergeordnet; nur in ihrem Namen werden sie tätig. Das 
Reich ist nicht berechtigt, weder auf Grund seiner Gesetzgebungs-, noch 
auf Grund seiner Aussichtsgewalt, in diese Verwaltungstätigkeit der 
Militärbehörden unmittelbar einzugreifen; es hat auf dem Gebiete der 
einzelstaatlichen Regierungsgewalt kein Verordnungsrecht.! Auch dem 
Kaiser steht ein solches nicht zu; selbst sein Inspektionsrecht gewährt 
ihm, wie wir oben gesehen?2, kein direktes Eingriffsrecht. — Aber trotz 
dieser Selbständigkeit bei Ausübung der Regierungsgewalt üben die 
Einzelstaaten die ihnen zustehende Regierungsgewalt nur zum Teil im 
eigenen Namen und zu eigenem Recht aus. Die Regierungsgewalt ist 
ein Teil der Militärverwaltung und wird als solche entweder secun- 
dum oder praeter legem tätig.3 Sopweit sie sich secundum legem 
betätigt, also in reiner Gesetzesvollziehung besteht, erfüllt sie den Willen 
des Gesetzgebers. Gesetzgebungsgewalt in Militärsachen hat aber das 
Reich, dem außerdem als Garantie für die Durchführung seines Ge- 
setzgebungswillens die Aufsichtsgewalt zusteht. Demnach handeln die 
Einzelstaaten als Inhaber der Regierungsgewalt, insoweit als die 
Regierungsgewalt in Gesetzesvollziehung besteht, im Auftrag und Namen 
des Reichs, als dessen Delegatare, genau so wie auf allen anderen 
staatlichen Gebieten, auf denen sie Reichsgesetze auszuführen haben; die 
in der Regierungsgewalt enthaltenen Verwaltungsrechte sind also in- 
1 Vgl. o. S. 20. 
2 Vgl. v. S. 21, 22. 
5# Vgl. o. S. 4.
	        
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