Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Der Inhaber der Regierungsgewalt. 57 
soweit abgeleitete Hoheitsrechte.: Nur insoweit als die Regierungs- 
gewalt praeter legem tätig wird, also auf Gebieten, auf denen das 
Reich auf gesetzliche Regelung verzichtet hat und deren Leitung es den 
Einzelstaaten vermittels Verordnungen praeter legem überlassen hat. 
ist sie weder der Gesetzgebungs-, noch der Aussichtsgewalt des Reiches 
unterstellt; ist also auch keine abgeleitete Gewalt; vielmehr üben in- 
soweit die Einzelstaaten die Regierungsgewalt im eigenen Namen und 
zu eigenem Recht aus. Daraus folgt: Die Einzelstaaten führen die 
ihnen zustehende Regierungsgewalt gegenüber dem Reiche wohl selbst- 
ständig — nur ihnen sind die Militärbehörden untergeordnet —, aber 
doch nur zum Teil im eigenen Namen und zu eigenem Recht aus. 
Soweit ihr Verhältnis zum Reich. — In ihrem Verhältnis unter- 
einander sind nun die Einzelstaaten als Inhaber der Regierungsgewalt 
nicht gleichberechtigt, vielmehr nimmt Preußen eine führende Stellung 
ein. Die Landesherrn der übrigen Einzelstaaten — in Frage kommen 
auf Grund des durch die Konventionen geschaffenen Zustandes nur 
Württemberg und Sachsen — können für ihr Kontingent nur dasjenige 
verordnen, was der König von Preußen für das Seinige verordnet 
hat und sind nur bezüglich der Bestimmung der äußeren Abzeichen 
und der Ernennung der Offiziere frei und unbeschränkt. Allein Bayern 
ist im Frieden grundsätzlich nicht an die preußischen Verordnungen 
gebunden. Auf diese Weise ist, ohne daß den Einzelstaaten die 
Regierungsgewalt genommen und dem Reiche übertragen worden ist, 
trotzdem eine völlige Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit in der Aus- 
übung der Regierungsgewalt durch die Einzelstaaten erzielt worden. 
Die Einzelstaaten haben ein dem Reiche gegenüber selbständiges Ver- 
ordnungsrecht. Das Verordnungsrecht ist aber nur für Preußen und 
Bayern ein inhaltlich unbeschränktes, für die übrigen Einzelstaaten ein 
nur formelles. 
Soweit dem Reiche die Regierungsgewalt zusteht, übt der Kaiser 
die höchste Verordnungsgewalt unter Kontrasignatur des Reichskanzlers 
aus. Während aber im Einzelstaat ein Kriegsministerium als höchstes 
militärisches Verwaltungsorgan besteht, steht dem Kaiser kein besonderes, 
höchstes militärisches Verwaltungsorgan, kein Reichskriegsamt, zur 
Seite; vielmehr übt dessen Funktionen, mangels eines Reichskriegsamtes, 
1 Anders Hänel 3820; nach ihm üben die Einzelstaaten die Verwaltung im 
eigenen Namen und zu eigenem Recht aus.
	        
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