Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Die Rechtsnatur der Wehrpflicht. Der Fahneneid. 75 
leistet wird.!: Andererseits behaupten die Anhänger einer Reichsmilitär- 
hoheit, daß die Wehrpflicht dem Reiche geleistet wird. 
Daß die Wehrpflicht eine Pflicht gegen das Reich ist, wird einmal 
auf die Tatsache gestützt, daß die Wehrpflicht den Deutschen nicht durch 
Landesgesetz, sondern durch Verfassung und Reichsgesetz auferlegt ist; 
da aber allein der Inhalt eines Gesetzes und nicht der Inhaber der 
Gesetzgebungsgewalt dafür maßgebend ist, ob bestimmte Leistungen dem 
Reiche oder den Einzelstaaten zu machen sind, so beweist diese Tat- 
sache allein nichts. — Weiter beruft man sich auf die militärische Frei- 
zügigkeit, wonach der Wehrpflichtige seine Wehrpflicht nicht in seinem 
Heimatsstaat erfüllen muß, sondern auch in dem Aufenthaltsstaate, 
unter bestimmten Voraussetzungen sogar in jedem beliebigen Einzelstaat 
erfüllen kann. Da er also, so schließt man, die Wehrpflicht dem 
Heimatsstaate zu leisten nicht verpflichtet ist, und da er andererseits 
einem fremden Einzelstaate, dessen Untertan er nicht ist, zur Erfüllung 
einer Untertanenpflicht nicht verpflichtet sein kann, so wird die Wehr- 
pflicht überhaupt nicht einem Einzelstaate, sondern dem Reiche geleistet." 
Dies ist ein Schluß aus einer falschen Prämisse. Das Gesetz sagt 
nicht, daß der Wehrpflichtige nicht verpflichtet ist, „dem “ Heimatsstaate 
die Wehrpflicht zu leisten; es sagt nur, daß der Wehrpflichtige unter 
bestimmten Voraussetzungen nicht verpflichtet ist, „im“ Heimatsstaate 
die Wehrpflicht zu erfüllen. Die Worte des Gesetzes lauten: „der 
Wehrpflichtige wird zum Militärdienste in dem Aufenthaltsstaate heran- 
gezogen.“ Die militärische Freizügigkeit kommt also für die Frage, 
wem die Wehrpflicht geleistet wird, überhaupt nicht in Betracht; ins- 
besondere beweist sie nicht, daß die Wehrpflicht dem Reiche geleistet 
wird. Dies hat schon Laband klar und treffend nachgewiesen und 
jetzt ist es in der Wissenschaft allgemein anerkannt. 
Dem gegenüber stützen sich die Vertreter der Meinung, daß die 
Wehrpflicht dem Einzelstaate geleistet werde, darauf, daß das mili- 
tärische Dienstverhältnis durch den Einzelstaat begründet wird, daß 
1 So: Laband im Archiv f. ö. R. III, 517; Laband IV, 67; Seydel 313; 
Gümbel 148—50, 170. 
2 So: Meyer in Hirths Ann. 1880, 344; Meyer, St. R., 743; Meyer, 
Ve R. II. 77; Brockhaus 112; Schulze II, 266; Bornhak 38; Gau 84. 
8 Vgl. neichsmilitärgeset 12; Wehrgesetz 17. 
4 So: Meyer in Hirths Ann. 1880, 344; Schulze 266; Brockhaus 112. 
s So: Laband im Archiv III, 517 ff; Bornhat 37; Gümbel 149; Gau 83.
	        
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