Full text: Vom Übergange der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber in Bayern während des Krieges 1914/19.

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selbst auszuüben berechtigt wäre, die er jedoch aus irgendwelchen 
Gründen nicht selbst ausüben will, den Mittelstellen aufzutragen. 
Was im übrigen die Folgeleistungspflicht betrifft, so folgt ins- 
besondere aus der Gleichstellung des Militärbefehlshabers mit den 
zivilen Vorgesetzten, daB keine nachgeordnete Behörde verpflichtet 
ist, Aufträge entgegenzunehmen, die gegen die Staatsverfassung, 
eine zivil- oder strafrechtliche Norm, oder auch nur gegen eine 
königliche oder ministerielle Anordnung verstoßen würden. 
Eine weitere Ungewißheit ergibt sich über die Ausdehnung 
des Begriffes der richterlichen und verwaltungsrichterlichen Tätig- 
keit. 
Verwaltungsrichterliche Tätigkeit dürfte keineswegs nur die 
Amtstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes umfassen, sondern auf 
jeden Fall auch die der Kreisregierungen als Senat, ferner div 
Tätigkeit der Berufungs- und Öberberufungskommissionen in 
Steuersachen, die der Bezirks-, Forst- und Bergämter in den Fällen 
des Art. 8 Verwaltungsgerichtshofs-Ges. bezw. Allerhöchst. Ver- 
ordnung vom 21. 12. 1908 $ 2 Abs. 3, die gleichgerichtete Tätig- 
keit der unmittelbaren Stadtmagistrate als Distriktsverwaltungs- 
behörden, —- ob auch die Tätigkeit der Rentämter als Beschluß- 
behörden und der Kreisregierungen und Bezirksämter in den Fällen 
des Art. 10 Verwaltungsgerichtshofs-Ges. bleibe dahingestellt; be- 
jahendenfalls würde für die vollziehende Gewalt des Militärbe- 
fehlshabers denn doch ein zu enger Rahmen verbleiben ?). Die 
verwaltungsrichterliche Tätigkeit umfaßt, wie den Verfasser im 
Gegensatz zu Strupp (S. 59) ganz unzweifelhaft erscheint, auch 
die Handhabung der Disziplinarstrafgewalt gegenüber den Be- 
amten, — daß die Disziplinarstrafgewalt gegenüber den rich- 
terlichen Beamten dem Zugriffe des Militärbefehlshabers auf 
jeden Fall entzogen bleiben muß, dürfte auch Strupp annehmen, 
wenn er es auch nicht ausdrücklich ausspricht. Daß die Disziplinar- 
gerichtsbarkeit eine verwaltungsgerichtliche und nicht eine bloße 
Verwaltungstätigkeit ist, dürfte allein schon aus der Tatsache 
hervorgehen, daß über Gehalts-, Ruhegeld- usw. -Ansprüche des 
Beschuldigten im Disziplinarurteil rechtskräftig entschieden wird, 
ohne daß es einer Verwirklichung dieses Urteils durch ein ordent- 
liches oder Verwaltungsgericht bedarf. 
Bezüglich des Umfanges der richterlichen Tätigkeit bleibt 
zweifelhaft die Stellung der Staatsanwaltschaft und der Strafvoll- 
zugsbehörden. Was die Staatsanwaltschaft betrifft, so erscheint 
es vom praktischen Standpunkt aus wohl wnerläßlich, daß der 
°») immerhin würde es auch der Verfasser für unzulässig halten, wenn ein 
Militärbefehlshaber z. B. eine gegen den Erstentscheid eines Bezirksamtes in 
einem der Fälle des Art. 10 Verw.-Ger.-Ges. zur Kreisregierung erhobene Be- 
achwerde zur Entscheidung an sich ziehen würde.
	        
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