Full text: Vom Übergange der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber in Bayern während des Krieges 1914/19.

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Militärbefehlshaber sich dieses einzigen Mittels, Angriffen gegen 
Gewalt und Eigentum des Staates, dessen Schutz ihm unter Geltung 
des Kriegszustandes doch in erster Linie anvertraut ist, mit recht- 
lichen Mitteln zu begegnen, in geeigneter Weise bedienen kann; 
er muß also den Staatsanwälten unter Auferlegung der gleichen 
Folgeleistungspflicht, wie sie den sonstigen Zivilbehörden obliegt, 
Aufträge erteilen können. Zweifelhaft kann nur sein, ob diese 
Beauftragungsbefugnis -— ebenso wie den staatsanwaltlichen Vor- 
gesetzten — auch dem Militärbefehlshaber in jedem Stadium des 
bereits schwebenden Verfahrens zustehen soll. Dies ist es, was 
der Verfasser (wiederum im Gegensatz zu Strupp) bestreiten 
möchte. Mit der Erhebung der öffentlichen Anklage wird eine 
Angelegenheit Gegenstand der richterlichen Tätigkeit und tritt 
der Staatsanwalt in die Rolle des notwendigen Mitwirkenden, aber 
eben nur des Mitwirkenden, Hauptträger der Staatsgewalt im er- 
öffneten Verfahren ist und bleibt der Richter. Es würde m. E. 
die schwerste Beeinträchtigung der Freiheit der richterlichen 
Tätigkeit bedeuten, wenn sich die Auftragsbefugnis des Militär- 
befehlshabers über die Anordnung der Eröffnung und etwaigen 
Wiedereinstellung des Ermittlungsverfahrens, allenfalls noch der 
Erhebung der öffentlichen Anklage hinaus erstrecken sollte, wenn 
beispielsweise der Militärbefehlshaber den Staatsanwalt. mit Zurück- 
ziehung der Anklage in einem schwebenden Verfahren, mit der 
Einlegung von Beschwerde, Berufung, Revision, oder gar mit der 
Beantragung eines bestimmten Strafmaßes beauftragen könnte. 
Dagegen dürfte die Tätigkeit der Notare als reiner Hilts- 
organe der Rechtspflege unbestrittenermaßen aus dem Befugniskreis 
des Militärbefehlshabers gänzlich hinausfallen. 
Ahbnlich wie bei der Staatsanwaltschaft verhält es sich bei 
den Strafvollzugsbehörden (Staatsanwaltschaft und Gefängnis- 
behörden). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß deren Tätig- 
keit vollziehende Gewalt darstellt, aber eben eine vollziehende 
Gewalt, die ihren letzten Ursprung hat in der Anwendung der 
Gesetze durch den Richter, in der richterlichen Tätigkeit. Andrer- 
seits muß der Militärbefelllshaber sich einen bestimmten Einfluß 
auf die Strafvollstreckung insoweit sichern, als die Staatssicherheit 
hierdurch berührt wird. Es wird sonach an dem sein, daß der 
Militärbefehlshaber Aufträge an die Strafvollzugsbehörden nur in- 
soweit erteilen kann, als nicht die Zuständigkeit der Gerichte 
gegeben oder der Auftrag in Widerspruch mit der richterlichen 
Tätigkeit bezw. mit dem zu unterstellenden normalen Willen des 
Richters stehen würde. Z. B. erscheint es nicht zweifelhaft, daß 
der Militärbefehlshaber die Überführung der Insassen eines be- 
stimmten Gefängnisses in ein anderes Gefängnis oder auch Zucht- 
haus anordnen kann, wenn ihm etwa die Sicherheit an dem ersten 
Orte nicht genügend gewährleistet erscheint; nicht dagegen er-
	        
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