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Formvorschriften.
\WVas die im Gebiete des Reıchs-Kriegszustandsrechtes su scharf
umstrittene Frage anbetrifft, ob der Militärbefehlshaber an bestimmte
Kormvorschriften gebunden ist, so dürfte diese Frage für das
bayerische Recht überhaupt nicht bestehen. Denn während das
preußische Belagerungszustandsgesetz, wie mehrfach hervorgehoben,
mit dem der bayerischen Verfassung fremden Rechtsbegriff der
„vollziehenden (tewalt“ operiert, sagt die bayerische Verordnung
klar und nüchtern, daß „die Befugnisse der ... . Staatsbehörden“
übertragen werden. Wenn also die Befugnis der Zivilbehörde an
eine bestimmte Formvorschrift geknüpft ist, so geht sie auch nur
vorbehaltlich der Erfüllung dieser Formvorschrift auf die Militär-
befehlshaber über, -—— genau entsprechend dem Urteile des französi-
schen Staatsrates vom 6. August 1915 (bei Strupp S. 53 Fußnote):
„... La loi..., en autorisant l’exercice par l’autorite militaire
des pouvoirs de police conferes par les lois a l’autorite civile,
n’augmente ni ne modifie ces pouvoirs.“
Ein anderes ist es um die Mitwirkung weiterer Organe; diese
dürfte wie S. 21/22 dargelegt, unter gewissen Voraussetzungen
wegfallen können.
Rechtsmittel.
An dieser Stelle sei die Frage der Rechtsmittel einer Prüfung
unterzogen. „Rechts“mittel in des \Vortes eigentlicher Bedeutung
scheiden ja aus, da die Verwaltungsrechtssachen Im engeren Sinne
(Art. 8 Verw.-Ger.-Ges.) nicht zu den Befugnissen des Militärbe-
fehlshabers gehören; — immerhin verbleiben, wenigstens m. E.,
dem Militärbefehlshaber die Verwaltungsstreitsachen und auch in
den reinen Verwaltungssachen muß vorhanden sein und ist vor-
handen ein geordneter Weg zur Vorbringung von Einwendungen.
Hier nun liegen die Verhältnisse ähnlich, wie bei der S. 21/22 be-
handelten Mitwirkung dritter Organe. Der bayerische Militärbe-
fehlshaber ist nicht, wie der preußisch-reichsdeutsche, Souverän in
letzter und höchster Instanz, sondern er empfängt die Befugnisse
nur in der Form und mit den gleichen Kautelen, wie sie die
fraglichen Zivilbehörden innehaben; wenn also irgendwo ein Rechts-
mittel, ein Beschwerdeweg gegeben ist, so hat dies an sich not-
wendigerweise auch gegen den Militärbefehlshaber Geltung. Doch
ergibt sich aus (der Tatsache, daß der Militärbefehlshaber auch
nach bayerischem Recht die Befugnis mehrerer — wenn auch
nicht aller — Instanzen in sich vereinigt, mit zwingender Not-
wendigkeit eine gewisse Einschränkung. Es wäre, ebenso wie in
den auf S. 21 berührten Fällen, eine Wortspielerei, — zudem ein
Verstoß gegen den Elementarsatz, daß niemand Richter in eigener
Sache sein kann, wenn gegen den Kommandierenden (teneral wegen
einer Verfügung, die er auf Grund der Befugnisse der Distrikts-