Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 95 
  
die auf Parlamentarisierung hindrängte, war einer Regierung durch feste 
Hand entgegen. 
Die Aufgabe selbst war darum nicht beseitigt. Sie war im Gegenteil 
durch den aufkommenden politischen Streit brennender als zuvor. Sie fiel 
an den Direktor der Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amts zurück. 
Sie war inzwischen über den Rahmen der Arbeit mit der Presse 
hinausgewachsen. Noch weniger als vorher vertrug sie die Doppelbelastung 
für innere und äußere Aufklärung. Es war die letzte Stunde, daß die 
Heimat zu ihrem Recht kam. Die O. H. L. unterließ es nicht, beim Kanzler 
Graf Hertling eindringlich zu fordern. Sie wies darauf hin, daß unsere 
Gegner den Wert rechtzeitiger und großzügiger Vorbereitungen für die 
Periode des militärischen und politischen Auskampfes erkannt hatten: In 
England war in der Person des Lord Northcliff ein Mann an die Spitze 
des Propagandadienstes getreten, der, wie selten einer geeignet, sich seiner 
Aufgabe mit rastloser Energie widmete. Neben ihm wirkten in gleicher 
Weise Robert Donald als Propagandaminister für das neutrale Ausland 
und Rudyard Kipling für das Inland. In England allein drei Minister 
für die Tätigkeit, die in Deutschland einem mit Ressortarbeit überhäuften 
Beamten übertragen werden sollte! Mit Recht wies der Generalfeldmar- 
schall bei seinen erneuten Forderungen darauf hin, daß er seit dem Jahre 
1916 seine Anträge in dieser Richtung gestellt habe, und daß es wohl 
möglich gewesen wäre, den Gegnern voraus, statt von ihnen über- 
holt zu sein. 
Die Forderung der O. H. L. nach einem Pressechef beim Reichskanzler 
erweiterte sich der Regierung des Grafen Hertling gegenüber zu der nach 
einem Propagandaminister, bestimmt, den militärischen Kampf politisch zu 
unterstützen und die in ihm erzielten Erfolge politisch auszuwerten. Die 
Regierung des Grafen Hertling stimmte der Forderung an sich zu, bei der 
Durchführung versagte sie noch mehr als die früheren. 
In ihrem letzten Antwortschreiben von Ende Juni 1918 begrüßte sie 
die Begründung der O. H. L. als einen wertvollen Beitrag zu den Vor- 
arbeiten, die schon längere Zeit im Gange seien, um die Zusammenfassung 
sämtlicher, zur führenden Einwirkung auf die öffentliche Meinung des In- 
und Auslandes bestimmten amtlichen Einrichtungen ins Werk zu setzen. 
Graf Hertling schrieb: „Mit der vorbereitenden Arbeit habe ich meinen 
Pressechef beauftragt. Dieser wird einen Erholungsurlaub von 14 Tagen, 
den er am 23. August anzutreten gedenkt, benutzen, um seinen Entwurf 
über den Ausbau der neuen Einrichtung zu vollenden. Der Entwurf wird 
dann, nachdem er von mir geprüft ist, der O. H. L. und den an der Sache 
mitbeteiligten Reichszentralbehörden zur Einsicht und zur Außerung etwai- 
ger Anderungs= oder Ergänzungswünsche zugehen. Im Anschluß daran
	        
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