Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 105 
  
— — 
Am nächsten Tage erging an die Presseaufsichtsbehörden die Weisung, 
daß das Hineinziehen der O. H. L. in den politischen Streit durch die Presse 
gerade in der kommenden Zeit auf das strengste zu verhindern sei. 
Gleichzeitig wurde beim Reichskanzler Michaelis der Antrag auf Her- 
beiführung einer Leitung der öffentlichen Meinung erneuert. Der mit un- 
zureichenden Mitteln unternommene Versuch ist schon dargestellt. Die Zeit 
der Tätigkeit des Pressechefs des Reichskanzlers war ausgefüllt mit leb- 
haftem innerpolitischen Kampf, in den auch das Kriegspresseamt haupt- 
sächlich in Verbindung mit dem vaterländischen Unterricht hineingezogen 
wurde. Die Tätigkeit des Kriegspresseamts ging als einwandfrei und für 
die Kriegführung notwendig anerkannt aus dem Kampf hervor. Sie 
war inzwischen über die Wirksamkeit nur mit der Presse hinausgewachsen. 
Die Forderung der H. H. L. nach einem Pressechef beim Reichskanzler er- 
weiterte sich der Regierung des Grafen Hertling gegenüber daher zu der 
nach einem Propagandaminister. 
Was in der Propaganda durch die Regierung geschah, trug allenfalls 
der Richtung auf den Feind Rechnung. Das Kriegspresseamt allein blieb 
Vorkämpfer im öffentlichen Eintreten dafür, den Kampfwillen des Feindes 
nicht zu unterschätzen und im eigenen Kampfwillen nicht eher nachzulassen, 
als bis der Feind tatfächlich Bereitwilligkeit zu einer Verständigung ge- 
zeigt hatte. Diese Rolle trug dem Kriegspresseamt politische Gegner- 
schaft ein. 
Bisher hatten sich nur einzelne von der Zusammenarbeit mit dem 
Kriegspresseamt ausgeschlossen oder sein öffentliches Wirken für eine sieg- 
reiche Beendigung des Krieges bekämpft. Auch in den Zensurdebatten 
der Parlamente war weniger die Oberzensurstelle als die politische Zensur 
und die Ausübung der vollziehenden Gewalt Gegenstand des Angriffs ge- 
wesen. Nur aus Bayern, das sich der Arbeit des Kriegspresseamts fern- 
hielt und sie deshalb nicht kannte, waren Angriffe laut geworden. 
Seine Schritte wurden von jetzt an mißtrauisch von den politischen 
Gegnern, gewissenhaft von den verantwortlichen Stellen überwacht. Eine 
politische Gegnerschaft kannte das Kriegspresseamt von sich aus nach wie vor 
nicht. Es hielt weiter Verbindung zur Presse aller Parteien, im vaterlän- 
dischen Unterricht rief es alle zur Mitarbeit auf. Es fand auch nach 
wie vor Unterstützung aus ihnen allen. Kriegsminister und Reichs- 
kanzler nahmen besonders Einblick in den vaterländischen Unterricht in der 
Heimat. Sie fanden nichts daran auszusetzen. Eine kraftvolle Unterstützung 
allerdings unterblieb. Der Frage einer besseren Regelung der Zensur nahm 
sich besonders der Staatssekretär des Innern, Wallraff, an. Die politische 
wie militärische Seite fand bei ihm gleichmäßig gerechte Würdigung. Eine 
andere Lösung als die bestehende wußte auch er nicht zu finden. Der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.