Der Nachrichtendienst der Obersten Heeresleitung. 5
aus für die in der Spannungs= und Mobilmachungsperiode erzielten Er-
folge, die um so mehr anzuerkennen sind, als der Krieg überraschend aus-
gebrochen ist"“.
Die nächste Aufgabe war, den feindlichen Aufmarsch festzustellen.
Auch sie ist gelöst worden. Vor Beginn der Operationen ist sowohl der
russische wie französische Aufmarsch richtig erkannt gewesen. Damit waren
aber auch die geringen Mittel des deutschen Nachrichtendienstes im wesent-
lichen erschöpft. Dem wenig leistungsfähigen Instrument war darüber
hinaus keine Bedeutung beigemessen. In dem einfetzenden Bewegungs-
krieg auf beiden Fronten hatten auch die Aufklärungsmittel der Truppe
zunächst die Vorhand. Ein geheimer Nachrichtendienst, der weit ausholt,
kann bei dem schnellen Wechsel der Ereignisse im Bewegungskriege nur
geringe Dienste leisten. Dort, wo die Front von Anfang an stand, am
südlichen Teil der Westfront, lieferte der geheime Nachrichtendienst auch
über den Aufmarsch hinaus Ergebnisse und meldete rechtzeitig die
Verschiebung der französischen Kräfte nach Westen. Über die Vorgänge
auf dem linken französischen Heeresflügel, die den Ausgang der Marne-
schlacht beeinflußten, konnte er aber bei der Schnelligkeit der Ereignisse
und der Weite des Meldeweges nichts ergeben.
Bei den folgenden Ereignissen blieb der Nachrichtendienst fast ganz
den Mitteln der Truppe überlassen. Mit dem Ausgang des Jahres 1914
erstarrten die Fronten und verdichteten sich immer mehr. Die Kavallerie
schied als Erkunder aus. Die Luftaufklärung, deren Entwicklung unter
tatkräftiger Leitung begann und die späterhin ein ausgezeichnetes Hilfs-
mittel der Führung wurde, konnte wohl Sichtbares feststellen, das ihrer
Sicht Entzogene blieb aber auch ihr verschlossen, auch war ihre Reichweite
immer beschränkt. Gleichzeitig wurde die lange Dauer des Krieges klar.
Die O. H. L. brauchte nicht nur einen Nachrichtendienst, der hinter
den eisernen Vorhang der feindlichen Fronten, in die wirtschaftlichen und
politischen Verhältnisse bei den verschiedenen Gegnern Einblick gewann,
es mußten auch die sämtlichen Stellen beim Heer und in der Heimat, die
Nachrichten vom Feind empfingen, für die Zwecke der H. H. L. in einen
einheitlichen Organismus eingestellt werden. Diese doppelte Aufgabe er-
hielt III B. Der eigentliche Aufbau unseres Kriegs-Nachrichtendienstes
beginnt damit erst im Herbst 1914.
Die Einrichtung eines Nachrichtendienstes aus den feindlichen Ländern
stieß auf außerordentliche Schwierigkeiten. England war durch seine in-
sulare Lage geschützt. Auf den Verbindungsstraßen zum Festland über
Holland und Skandinavien griff es mit der seiner Kriegführung eigentüm-