Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

124 Der vaterländische Unterricht. 
  
Parteileidenschaft entstellten Tatsachen zu vertreten. Die Leitsätze für 
den vaterländischen Unterricht wurden dem Hauptausschuß bekanntgegeben. 
Sie zeigten, daß die Ziele dieses Unterrichts auch politisch un- 
anfechtbar waren. Es wurde ferner klargestellt, daß nicht — wie be- 
hauptet — die Einrichtung des vaterländischen Unterrichts eine Gegenmaß- 
regel gegen die Friedensresolution sei, daß vielmehr die Arbeit zur Er- 
haltung der inneren Kampfkraft von Volk und Heer schon längst eingeleitet 
war, als sie durch das Auftreten des Abgeordneten Erzberger im Haupt- 
ausschuß des Reichstages und die daraus entstandene Friedensresolution 
überrascht und wesentlich erschwert wurde. 
Von der Erregung durch die Friedensresolution blieb das Heer nicht 
verschont. Schon im September, also noch vor den Angriffen im Reichstag 
auf den vaterländischen Unterricht, lag Anlaß vor zu verfügen: „Es ist 
gefragt worden, welche Stellung der vaterländische Unterricht zur Frage 
der Kriegsziele einzunehmen habe, für den durch Zeitungen usw. das leb- 
hafte Interesse bei der Truppe erweckt und die Stellungnahme des einzel- 
nen beeinflußt werde. Erörterungen über Kriegsziele sind an sich nicht 
Gegenstand des vaterländischen Unterrichts. Dagegen wird es bereits so 
geschehen und ist nichts dagegen einzuwenden, daß Vorgesetzte, sofern sich 
Mannschaften mit Fragen über Kriegsziele vertrauensvoll an sie wenden, 
ihren Untergebenen in ruhiger und sachlicher Form die eigene Ansicht über 
diese Frage zum Ausdruck bringen. Ferner ist die Frage aufgeworfen, 
ob der Unterrichtsdienst geheim zu halten sei. Hierfür liegt keine Ver- 
anlassung vor.“ 
Unparteiischer konnte die O. H. L. nicht Stellung nehmen. Sie schied 
die Erörterung der Kriegsziele aus dem vaterländischen Unterricht aus und 
überließ die Beantwortung von Fragen den Vorgesetzten, ohne eine 
Stellungnahme vorzuschreiben. Daß der vaterländische Unterricht nicht 
geheim zu betreiben sei, war allerdings selbstverständlich. Daß die Frage 
gestellt werden konnte, bewies aber, daß die Auffassung vorlag, es sei von 
dem, was im vaterländischen Unterricht geschah, irgend etwas geheim zu 
halten. Diese Auffassung bestand bei der O. H. L. ganz und gar nicht. 
Es hieß in der September-Verfügung weiter: „Es handelt sich um einen 
vaterländischen Unterricht, wie wir ihn auch im Frieden zur Vertiefung 
der Vaterlandsliebe und zur Anerziehung selbstloser Hingabe bei den 
Truppen pflegten. Die Unterlagen für die Aufgaben des Unterrichts, die 
der Krieg stellt, stehen den Unterrichtenden nicht ohne weiteres und um- 
fassend zur Verfügung. Das Material ihnen zuzuleiten ist der Zweck der 
Zusammenfassung in eine einheitliche Organisation." 
Verhandlungen über den vaterländischen Unterricht wurden zwar als 
vertraulich erklärt. Aber nicht, um sich selbst eine Geheimhaltung vorzu-
	        
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