Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

134 Der vaterländische Unterricht. 
zeichneten Weg unbeirrt weitergegangen. In der Zeit vom 17. bis 26. Sep- 
tember hatten die letzten Bezirkspressebesprechungen stattgefunden. Sie 
hatten bei der überwiegenden Mehrheit der deutschen Presse den festen 
Willen erkennen lassen und gefestigt, im Volke für Einigkeit und Kampf- 
entschlossenheit zu werben. 
Der Entschluß zu Waffenstillstands= und Friedensangebot verlangte 
wie kein Anlaß zuvor eine feste und klare Führung der öffentlichen Mei- 
nung. Die Aufklärung über die militärischen Notwendigkeiten war völlig 
untrennbar geworden von dem politisch Gewollten. Ehe das Waffenstill- 
standsangebot zustande kam und die Neubildung der Regierung sich voll- 
zogen hatte, war kostbare Zeit vergangen. Der innere und der äußere 
Feind unterließ nicht, sie energisch auszunutzen. Bald wurde erkennbar, 
daß der Feind seine Entscheidung hinzog. Damit lastete die Ungewißheit 
doppelt schwer auf allem, was dem Heer und Volk zu sagen war. Im 
vaterländischen Unterricht der Heimat und aus dem Heer wurde der Ruf 
nach einer Parole erhoben. 
Die H. H. L. hatte die Leiter des vaterländischen Unterrichts in der 
Heimat am 15. Oktober nach Berlin zusammenberufen. Sie führte ihnen 
den ganzen Ernst der militärischen Lage vor Augen. Sie wies darauf hin, 
daß der Feind offensichtlich keinen Waffenstillstand und keinen Frieden auf 
der angenommenen Grundlage wollte, daß es Aufgabe des Heeres sein 
werde, weiterzukämpfen, und daß hierfür alles auf die Haltung der Heimat 
ankomme. Die Vertreter des vaterländischen Unterrichts wiesen darauf 
hin, daß der vaterländische Unterricht machtlos sei, wenn er jetzt nicht in 
die politische Erörterung eingreifen könne. Die Berechtigung dieser Forde- 
rung wurde anerkannt. Die Bahn zur politischen Betätigung konnte aber 
nicht freigegeben werden, wenn nicht gleichzeitig Richtlinien vorgezeichnet 
wurden. An diesen fehlte es. Zwar waren am 13. Oktober die Chefs der 
Stäbe der stellvertretenden Generalkommandos und die Oberpräsidenten 
in Berlin unterrichtet worden, auch hatte die Presse Leitsätze zur Behand- 
lung der deutschen Antwortnote an den Präsidenten Wilson erhalten. Die 
Leiter des vaterländischen Unterrichts konnten nur auf diese und auf engste 
Zusammenarbeit mit den Zivilbehörden verwiesen werden. Die wichtigste 
Frage, ob das Volk zu weiterem Widerstand aufzurufen war, konnte aber 
nicht beantwortet werden. Der Vertreter des Answärtigen Amtes sagte 
zu, alle Anregungen in dieser Richtung der zuständigen Stelle schleunigst 
zuzuführen und sie erneut als Druckmittel zu benutzen, daß diese Frage ent- 
schieden und einheitlich in die Tat umgesetzt werde. Bis eine klare Ent- 
schließung der Reichsregierung vorlag, mußte ein Aufruf an das Volk durch 
den vaterländischen Unterricht zurückgestellt werden. 
Zur gleichen Zeit fand eine Besprechung über das Kriegspresseamt
	        
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