Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Die Abteilung III B. 143 
stab diese Aufgaben übernehmen mußte, wurde hierdurch wesentlich ge- 
mildert und war schließlich nur ein solches formaler Art. Es wurde erst 
wieder zu einem tatsächlichen, als aus dem Gehenlassen der militärischen 
Arbeit ein Verkriechen der eigentlich zuständigen Stellen wurde, wie es 
besonders in der Zensur und im vaterländischen Unterricht geschah. 
Als Nachrichtenoffiziere arbeiteten neben besonders geeigneten aktiven 
Offizieren auslands- und sprachenkundige Angehörige des Kaufmanns- 
standes. Auch Mitglieder des auswärtigen Dienstes bewährten sich als 
verantwortungsfreudige und tatkräftige Nachrichtenoffiziere. 
Unter den Mitarbeitern beim Kampf gegen den feindlichen Nach- 
richtendienst traten besonders die hervor, welche das Reichsgericht stellte, 
die durch die im Frieden vor dem Reichsgericht verhandelten Landesver- 
ratsprozesse mit dem Wesen des feindlichen Nachrichtendienstes vertraut 
waren und seine Gefährlichkeit kannten. Neben ihnen wirkten in Leitung 
und Ausführung hervorragende Angehörige des Reichsjustizamts, der 
Staatsanwaltschaft und des Richterstandes. Auch die Rechtsanwaltschaft 
stellte vortreffliche Kräfte, besonders auf organisatorischem Gebiet. Ver- 
waltungsbeamte und höhere Polizeibeamte waren, als im Staatsdienst 
unentbehrlich, weniger vertreten. Einzelne der Mitwirkenden zu nennen 
schiene mir undankbar gegen die übrigen. Nur meine unmittelbaren Mit- 
arbeiter im Gr. H. Qu., den Reichsanwalt Bünger und den Professor der 
Rechtswissenschaften an der Universität Berlin, Kohlrausch, möchte ich 
nennen, um ihre Tätigkeit zu kennzeichnen, auf die ich mich im Abwehr- 
dienst stützen konmte. 
Ich habe dargelegt, daß im Pressedienst auf die Verwendung von 
Fachleuten in amtlicher Stellung verzichtet werden mußte. Als Berater 
stand der Presseausschuß an erster Stelle. Ein Einfluß auf das, was die 
O. H. L. im Interesse der Kriegführung anzuordnen für notwendig hielt, 
wurde ihm nicht eingeräumt. Dagegen fand ein ständiger Austausch der 
Ansichten über die Art der Durchführung statt. Ich habe zugegeben, daß 
die Beziehungen zu den Standesvertretungen der Presse bei Kriegsbeginn 
durch Schuld des Generalstabs vernachlässigt wurden, weil er die Organi- 
sation der Presse nicht kannte, wiederhole aber, daß sie nicht durch seine 
Schuld lose blieben. Im Kriegspresseamt war die Tätigkeit politisch und 
pressetechnisch geschulter Mitarbeiter von großem Wert. Es kam aber 
nur ihre Schulung, nicht ihre politische Richtung zur Geltung. In freiem 
Mitwirken betätigten sich schließlich Gelehrte, Schriftsteller und Dichter im 
ganzen Reich. 
Im vaterländischen Unterricht trat der aktive Offizier fast völlig 
zurück. Die Leitung dieses Dienstzweiges lag von allen am meisten in 
der Hand von Offizieren des Beurlaubtenstandes. Er fand daneben die- 
Nicolai, Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Welukrieg. 10
	        
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