Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Feind. 155 
  
Der Feind leugnet, den Krieg gewollt zu haben. Wie Clemenceau 
den Frieden als eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln be- 
zeichnete, erklärte Mr. Winston Churchill") es für lächerlich zu denken, 
der Krieg sei vorüber, weil der Kampf der Heere aufgehört habe. Ebenso 
wie hier feindliche Staatsmänner den Krieg nicht mit dem militärischen 
Kampf beendet nennen, hat der Krieg gegen Deutschland auch nicht erst 
mit dem Kriegsausbruch begonnen. Schon in der Vorkriegszeit war das 
politische Handeln der feindlichen Regierungen mit nüchternem, mili- 
tärischem Geist durchsetzt. Das zeigte sich im großen in der mit franzö- 
sischen Milliarden erfolgenden Wiederaufrichtung der russischen Wehr- 
macht, in der Einführung der dreijährigen Dienstzeit in Frankreich, die 
nur als vorübergehender Auftakt zum Kriege getragen werden konnte, 
und in der politischen Abwürgung Deutschlands, die Englands politische 
Meisterschaft zielbewußt durchführte. Das zeigte sich im einzelnen in den 
Vorbereitungen, die im Nachrichtendienst, in der Presse und in der Herbei- 
führung einer Kampfentschlossenheit in Heer und Volk getroffen wurden. 
Auf diesen Gebieten waren politische und militärische Behörden einig bei 
der Vorbereitung und Durchführung und werden es noch auf lange in 
der Auswertung des Krieges sein. 
Wir waren stolz auf den Geist des 4. August. Wir rühmten ihn, 
weil unsere Einigkeit untereinander und nach außen etwas Außergewöhn- 
liches war. Auch der Feind hatte diesen Geist. Er rühmte ihn aber nicht, 
weil er ihm selbstverständlich schien, weil jedem klar war, daß der Krieg 
nur mit dem Siege enden dürfe. Damit war dem Krieg der seinem ganzen 
Wesen nach einzig mögliche Inhalt gegeben, wurden Politik und Krieg- 
führung eins. 
Die Presse der feindlichen Länder bewies durch nationale Geschlossen- 
heit politische Reife. Sie nutzte die Schwächen der in der deutschen Presse 
zutage tretenden Zerfahrenheit meisterhaft aus. Der Streit, welche Rich- 
tung in Deutschland ihr bessere Helfersdienste geleistet hat, ist müßig. Sie 
nutzte beide aus. Sie schreckte die eigenen Völker und die Neutralen durch 
Stimmen aus der deutschen Rechtspresse und ermutigte und lockte sie 
gleichzeitig durch solche der Linken. Ihr Erfolg lag darin, daß ihr Stimmen 
aus beiden Lagern zur Verfügung standen. Seit Anfang 1917 war sie 
in der Lage, Stimmen von links in der Mehrzahl zu verwenden. Ebenso 
wurden die Ziele der feindlichen Presse durch die Reichstagsverhandlungen 
und durch die inneren Schwierigkeiten Deutschlands gefördert. Wie sie 
die Dinge anfaßte, stimmte ganz mit der Propaganda überein, die der 
Nachrichtendienst gegen unsere Front, in Deutschland und im Ausland 
betrieb. Alles ließ eine leitende Hand und neben einer rücksichtslosen, 
*) „Sundag Pictorial“ vom 12. Januar 1919.
	        
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