160 Der Feind.
gewaltigen Zahlen der hierzu verwendeten Flugblätter. Er schweigt noch
über die in Deutschland und im Ausland betriebene Propaganda, weil er
sie fortsetzt.
Die O. H. L. hat nicht dazu gedrängt, an der Hand des vorliegenden
Materials die Gefahren der feindlichen Propaganda dem Volk während
des Krieges zum Bewußtsein zu bringen. Die Erfahrungen mit der Auf-
nahme dieses Materials in den international gesinnten Kreisen und die
kaum defensive Behandlung, die es bei den Behörden in Berlin erfuhr,
ließen befürchten, daß es nur der Erläuterung durch die politischen Partei-
gänger des Feindes überlassen und dabei nichts anderes herausgekommen
wäre, als daß dem Gift des Feindes der Weg zur breiten Masse des Volkes
geebnet wurde. Die O. H. L. hat auch nicht dazu gedrängt, die feindliche
Propaganda mit denselben Mitteln nachzuahmen. Sie erblickte in den
Produkten der Propaganda kriegsgeschichtliche Dokumente und wollte den
Ruf der deutschen Kriegführung nicht mit Schimpflichem belasten. Ich
glaube nicht, daß sie hiermit einer unzeitgemäßen Sentimentalität hul-
digte. Auf diesem Weg war die feindliche Propaganda nicht einzuholen,
es liegt nicht in der deutschen Art, gemein zu sein.
Über den Weg, den eine deutsche Propaganda einzuschlagen hatte,
konnte die HO. H. L. keine Entscheidung treffen. Dies war Aufgabe der
Politik. In der ersten Kriegszeit, als die Folgen der feindlichen Propa-
ganda im Heer noch nicht hervortraten und die O. H. L. noch nicht un-
mittelbar daran interessiert war, ist die deutsche Propaganda, soviel
bekannt geworden ist, dem Abgeordneten Erzberger anvertraut gewesen.
Die großen Mittel, die hierbei nutzlos ausgegeben wurden, mögen die
politische Leitung zu ihrer späteren Zurückhaltung bewogen haben. Um
ein sicheres Urteil zu fällen, ist es notwendig, die vom Abgeordneten Erz-
berger eingeschlagenen Wege zu kennen. Als die H. H. L. im Frühjahr
1916 mit ihrer Forderung nach einer Propaganda an die Reichsregierung
herantrat, war anscheinend jede Tätigkeit in dieser Richtung eingestellt.
Jedenfalls wurde das noch bestehende sehr umfangreiche Bureau Erz-
bergers niemals als in dieser Richtung tätig erwähnt. Als die militärische
Stelle beim Auswärtigen Amt im Sommer 1916 ihre Aufgabe begann,
mußte sie ganz von unten aufbauen. Es zeigte sich im Verlauf ihrer
Arbeit, daß eine Propaganda, die soweit in Vorsprung gelangt war wie
die feindliche, nicht mehr zur Seite zu drängen, geschweige denn zu über-
flügeln ist. Bei der Betrachtung der eigenen Volksstimmung wird zu
erklären sein, welche Hindernisse sich der letzten Forderung der O. H. L.,
der nach einem Propagandaminister, entgegenstellten.
Tatsächlich ist der Feind von einer deutschen Propaganda so gut wie
verschont geblieben. Dieser Vorwurf trifft neben den verantwortlichen