Der Feind. 163
Dort, wo beim Feind Zersetzungserscheinungen von selbst sich zeigten,
griff er mit Härte durch. Es fehlte nicht an solchen Kennzeichen. Beson-
ders traten sie in der französischen Armee nach dem mißglückten Durchbruch
in der Champagne auf. Sie wurden rücksichtslos unterdrückt. Mit der-
selben Energie wurden die bis zum Mai verbrauchten Fochschen Reserven
trotz Menschenmangels im ganzen bis zum Juli wiederhergestellt. Er-
beutete Befehle zeigten, daß Entfernung aus der Front bei allen Dienst-
graden, auch bei der englischen Armee, mit dem Tode geahndet wurde. In
der Heimat wurde jeder Defaitismus und jede Art des Einverständnisses
mit dem Feinde von der Staatsgewalt verfolgt. Jetzt noch arbeiten die
Gerichte in dieser Richtung.
Der Feind hielt mit eiserner Strenge die Disziplin in Heer und Volk
aufrecht. Nach außen stellte er sein ganzes politisches Wirken auf den
Angriff ein. Hiermit erfüllte er auch die Seelen seiner Völker und Heere
und gab ihnen dadurch eine Parole. In Frankreich war es der Rache-
gedanke, den die Regierung nie hatte zum Einschlummern kommen lassen.
Dazu gab der Umstand, daß das französische Volk den Krieg im eigenen
Lande hatte, der nationalen Leidenschaft mächtigen Aufschwung. England
kämpfte um die Vorherrschaft zur See. Das Bewußtsein von der Be-
deutung dieses Krieges ließ das englische Volk die gewaltige Belastung
durch die allgemeine Wehrpflicht willig tragen. Ameriko stellte frühzeitig
die Parole vom Kampfe der Demokratie gegen die Monarchie, des Rechts
gegen das Unrecht, des Unterdrückten gegen den Bedrücker auf. Sollte
der Kriegswille der feindlichen Völker, der diesen Parolen folgte, gebrochen
werden, so konnte das nur geschehen, wenn der Feind zur Überzeugung
kam, daß Deutschland unbesieglich war. Erlagen wir, so hatten wir keine
Gnade zu erwarten.
Rußland war der zum Angriff bestimmte Sturmbock der Entente.
Eine eigentliche eigene Parole zum Kampf gegen Deutschland sehlte ihm.
Deshalb kam in Rußland zuerst der Geist der Zersetzung zur Reife, als
der Angriff an Hindenburgs Front zerschellte. Der Kampf gegen Öster-
reicher, Bulgaren und Türken fand in Rußland eine bessere Volksstim-
mung. Die Überlegenheit der russischen Truppen über unsere Verbündeten
wurde durch diesen Umstand wesentlich beeinflußt. Als Rußland Republik
geworden war, versuchten englische und französische Offiziere als Leiter
der Propaganda dem russischen Heer eine neue Parole zum Kampf gegen
Deutschland zu geben, indem sie ihn als den Kampf der Freiheit gegen die
Gewalt bezeichneten. Diese Propaganda trug zur revolutionären Ver-
seuchung unserer Ostfront wesentlich bei.
Der Kampf Italiens und Serbiens gegen Österreich-Ungarn und
schließlich der Serbiens und Griechenlands gegen Bulgarien fand in der
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