Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Die Presse. 169 
  
Presse. Es ist nicht so, wie jetzt behauptet wird, daß der Pressedienst der 
O. H. L. die nationalen Zeitungen gegen die Absichten der Politik mobil 
gemacht habe. Der Gegensatz ist von der politischen Reichsleitung selbst 
herbeigeführt und aufrechterhalten worden. Der Kampf gegen den Feind 
und gegen die unsere Kamnpfkraft zersetzenden Elemente schuf allerdings 
immer größeren Abstand zwischen dem Pressedienst der O. H. L. und dem- 
jenigen Teil der Presse, auf den die politische Leitung sich stützte. 
Eine Regierungspresse hatten wir trotzdem nicht. Die „Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung“, das amtliche Organ der Regierung, entsprach den 
Forderungen an ein führendes Blatt nicht, weil ein offenes Hervortreten 
nicht im Wesen der Reichsregierung lag. Es ist vom militärischen Presse- 
dienst stets als die gemeinsame Aufgabe außerordentlich störend und als 
Mangel an Vertrauen empfunden worden, daß er niemals von der Arbeits- 
weise der politischen Reichsleitung mit der Presse unterrichtet wurde. So 
völlig negativ, wie es schien, konnte sie nicht sein. Was politisch geschah, 
mußte auch für das Handeln des militärischen Pressedienstes von wesent- 
lichem Einfluß sein. Eine Zurückhaltung war um so weniger am Platze, 
als das militärische Handeln offen vorlag und jeder Einspruch oder Wunsch 
der politischen Leitung Berücksichtigung oder offenen Widerspruch fand. 
Eine völlig vertrauensvolle Zusammenarbeit war um so notwendiger, je 
mehr Bedeutung dem militärischen Pressedienst durch die ihm überlassene 
organisatorische Führung zusiel. Mit übernahme des Majors Deutel- 
moser verfügte die Regierung über den bisherigen Leiter des militärischen 
Pressedienstes und damit restlos über die Kenntnis von dessen Bedürf- 
nissen, Arbeitsweise, Zielen und der in ihm vorhandenen Möglichkeiten, 
den politischen Pressedienst zu unterstützen. Es war an ihr, das Über- 
gewicht, das sie dadurch erhielt, auszunutzen. Der Einfluß, den die Re- 
gierung auf die sozialdemokratische Presse suchte, trat als besonders be- 
stimmend hervor. So notwendig ein solcher Einfluß war, bleibt es doch 
die Frage, ob sie ihn fand und nicht selbst abhängig wurde. Die Art, 
wie sie zu dem Verlangen der O. H. L., gegen die sozialdemokratische Presse 
einzuschreiten, Stellung nahm, läßt das letztere annehmen. 
Auch der Pressedienst der O. H. L. hat pflichtmäßig innerhalb der ihm 
vorgezeichneten Grenzen Verbindung zur sozialdemokratischen Presse ge- 
halten. Dieser Verkehr ist nicht mit Sorglosigkeit zu verwechseln. Er war 
ein rein militärischer und nicht politischer. Der Kampf gegen das von den 
sozialdemokratischen Führern drohende Unheil war nicht Aufgabe des 
Pressedienstes, sondern Sache der O. H. L. Diese hat ihn bei der zuständi- 
gen Stelle, der Reichsregierung, geführt. In der Sozialdemokratie gab 
es Schriftleiter und unter sozialdemokratischen Schriftstellern solche, die 
wohl gewillt waren, am nationalen Werk der Verteidigung des Vater-
	        
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