Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Die Presse. 181 
  
Alle im Kriege übernommenen und entstandenen Spaltungen inner- 
halb der Presse konnten nur durch die politische Reichsleitung Überbrückt 
und nötigenfalls unterdrückt werden. Je größer die Zersplitterung war 
oder wurde, um so notwendiger wurde straffe Erfassung. Gerade bei der 
geringen politischen Schulung des deutschen Volkes war dies dringend ge- 
boten. An sensationeller Begabung waren wir dem Auslande sicherlich 
unterlegen. Wir übertrafen es aber an Ernst, Verantwortlichkeitsgefühl 
und wissenschaftlicher Bildung. Diese Werte durften nicht verloren gehen 
und mußten und konnten in der Presse ihren Ausdruck finden. Je mehr 
auch an politischer Schulung der deutschen Presse im Frieden verabsäumt 
war, um so mehr mußte im Kriege an ihr gearbeitet werden. Da es nicht 
geschah, gewannen im Ausland politisch erzogene und deshalb undeutsch 
empfindende Köpfe ausschlaggebenden Einfluß. Es waren dem deutschen 
Wesen fremde oder entfremdete Elemente, die in der deutschen Presse zer- 
setzend wirkten. Sie und die Kreise, denen sie entstammten, hatten die Be- 
deutung der Presse erkannt. Sie führten den Kampf mit anderen Waffen 
und um andere Kriegsziele als das im Felde stehende deutsche Volk. Dul- 
dung und Förderung ermöglichten ihren Sieg. Diesen Verhältnissen ist die 
eigentliche deutsche Presse erlegen. Das Kriegsziel dieser war wie das des 
Heeres der Sieg. Nur wenn dies auch der Wille unserer auswärtigen Po- 
litik blieb, lag die politische Presseleitung beim Auswärtigen Amt in zu- 
ständiger Hand. Dann konnte sie auch nationale Übertreibungen, die in 
extremen Blättern vorkamen und gleichfalls die Kriegführung erschwerten, 
weil sie die Widerstandskraft der Gegner aufpeitschten, eindämmen, vor allem 
aber den die eigene Widerstandskraft zerstörenden Blättern ein geschlossenes 
Hindernis entgegenstellen. Nur im Verein mit einer entschlossenen politischen 
Leitung konnte schließlich die vollziehende Gewalt energisch durchgreifen. 
Leitung und vollziehende Gewalt versagten. Somit blieb, der mili- 
tärischen Presseaufsicht nichts als das Mittel der Zensur. Ihre Mängel 
hat die große Masse der Presse mit Geduld und Nachsicht hingenommen. 
Innerhalb des Pressedienstes war die Zensur die straffste Organisation. 
Infolgedessen wurde sie im Laufe der Zeit als der bequemste Weg betrach- 
tet, der Presse überhaupt Mitteilungen zukommen zu lassen. Viele ihrer 
Verfügungen tragen daher mehr einen informatorischen als einen ein- 
schränkenden Charakter. Diesem Mißbrauch der Zenfur war nur schwer 
zu steuern. Er fiel fort, wenn außer der Oberzensurstelle die von der 
O. H. L. geforderte zentrale Stelle für die eigentliche Anleitung der Presse 
geschaffen worden wäre. Reben ihr hätte die Oberzensurstelle, scharf von 
den Aufgaben der Politik und der politischen Anleitung der Presse getrennt, 
nur auf die gleichmäßige Durchführung der erlassenen Zensuranordnungen 
achten können.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.