196 Die Regierung und die Parteien.
nichtungswillen des Feindes retten konnte. Es kann nicht genug auf den
Unterschied hingewiesen werden, daß beim Feinde mit der Größe aller im
Kriege gebrachten Opfer dieser Wille wuchs, während der Verteidigungs-
wille bei uns nicht nur erlahmte, sondern durch die regierenden Partei—
führer gebrochen wurde.
Die besten Teile des Volkes und damit noch sein bei weitem über—
wiegender Teil, sowie die Fachbehörden, die deutsche Prefse und viele her—
vorragende Führer, sowie das Heer, waren durchaus noch kriegsentschlossen.
Der Kampf um die Führerschaft war entbrannt. An Stelle der Re-
gierung war ein Zustand getreten, welcher derjenigen Partei den Weg zur
Macht ebnete, die den Willen zur Macht hatte. Das war die Sozial-
demokratie.
Die Sozialdemokratie wird im allgemeinen in nationalen Kreisen als
allein schuldig am Zusammenbruch bezeichnet. Sie war die einzige Partei,
deren Ziele klar zutage lagen. Auch konnte ohne weiteres damit gerechnet
werden, daß diese durch den Krieg gefördert wurden. Ihre Führer sorgten
selbst dafür, daß die vorübergehende Täuschung über die Haltung, welche
von ihnen im Kriege zu erwarten war, bald erkennbar wurde. Auch
darüber ließ ihr Verhalten keinen Zweifel, daß die deutsche Sozialdemo-
kratie als einzige in den kriegführenden Ländern den internationalen
Zielen treu blieb. Über die Gefahr, welche sie im Kriege darstellte, konnte
also kein Zweifel bestehen.
Es war Aufgabe der Regierung, diese Gefahr zu bannen. Sie hatte
den Führern der Massen im Frieden die Führung im Kriege streitig zu
machen. Sie wagte den Kampf nicht. Dabei überschätzte sie den Einfluß
ihrer Gegner. Denn die Taten des Heeres und das stille Heldentum des
deutschen Volkes bewiesen, daß in ihnen ein anderer Geist herrschte als
derjenige der sozialdemokratischen Führer. Nur in diesen war der innere
Feind verkörpert. Ich habe Gelegenheit gehabt, das Urteil von Sozial-
demokraten neutraler Staaten über die führenden Personen der deutschen
Sozialdemokratie zu hören. Es billigte nur dem Abgeordneten Haase selbst-
lose Uberzeugung und die Fähigkeiten einer führenden Persönlichkeit zu.
Der Abgeordnete Scheidemann wurde in keiner Weise von ihnen anerkannt
und als die Triebfeder seines Handelns persönliches Strebertum und Eitel-
keit bezeichnet. Volk und Heer befähigten die Regierung zum Sieg sowohl
über den äußeren wie den inneren Feind. Wir erlagen aber beiden durch
den Irrtum, daß mit ihnen eine Verständigung möglich sei. Die-O. H. L.,
die den Kampfwillen des Feindes zu brechen hatte und dazu ein kampf-
entschlossenes einiges Volk und Heer brauchte, mußte unter diesen Um-
ständen in Widerspruch gegen die politische Reichsleitung geraten.
Mein Urteil, das sich so häufig gegen Reichsleitung und Auswärtiges