Die Oberste Heeresleitung. 205
schaffen, wo die Verantwortung für die militärische Kriegführung in der
Heimat lag. Die Entwicklung auf den mich interessierenden Gebieten beim
Kriegsministerium war aber inzwischen verkümmert. Sie hatte nicht
Schritt gehalten mit dem, was die HO. H. L. in Übereinstimmung mit dem
„Kriegsminister im Großen Hauptaquartier“ geschaffen hatte. Die in ge-
wissem Umfang stattgehabte Unterordnung des Kriegsministers unter den
Generalstabschef hatte auch ein entsprechendes Verhältnis zwischen der
Presseabteilung des Generalstabs und derjenigen des Kriegsministeriums
in Berlin gezeitigt. Hierin liegen die militärischen Gründe für die Be-
lastung, welche der Generalfeldmarschall und General Ludendorff bei Über-
nahme der Geschäfte auf dem Gebiete des Pressedienstes vorfanden. Eine
Verteilung der Aufgaben war nicht mehr möglich, weil der militärische
Pressedienst in Gestalt des Kriegspresseamts einheitlich zusammengefaßt
war. Eine jede Lockerung hätte einen Rückschritt, eine völlige Uberweisung
an das Kriegsministerium den Verzicht auf eigene Verbindung zur Presse
bedeutet. Auch bestand zu diesem Zeitpunkt Aussicht, daß die Reichsregie-
rung die Führung der öffentlichen Meinung übernahm und damit die
allein richtige Lösung herbeiführte. Beim Kriegsministerium folgte auf
die Verlegung des Schwerpunktes nach Berlin ein Wechsel im Amt des
Kriegsministers, das der General v. Stein übernahm. Damit trat eine
Steigerung der Tatkraft im Kriegsministerium ein, die sich auch im Presse-
dienst äußerte. Neben dem Kriegspresseamt der O. H. L. entwickelte sich
die Presseabteilung des Kriegsministeriums. Ein Gegeneinanderarbeiten
verhinderten die gemeinsamen militärischen Interessen. Aber ein Neben-
einanderarbeiten und ein Imstichlassen des Kriegspresseamts mußte ein-
treten, je mehr die Presseabteilung des Kriegsministeriums an die partei-
politische Entwicklung gebunden war. So trug diese ihre zersetzenden Wir-
kungen auch in die Einheitlichkeit des militärischen Pressedienstes. Je
mehr im Parteistreit die Kampfentschlossenheit und die militärische Führung
bekämpft wurden, desto mehr war auch das Kriegspresseamt den Angriffen
der in dieser Richtung wirkenden Parteien ausgesetzt. Ihr Sieg bedeutete
auch das Ende des Kriegspresseamts. Dem Vorwurf, den mir der Staatssekretär
Scheidemann in einer Sitzung beim Vizekanzler v. Payer Mitte Oktober
1918 machte, das Kriegspresseamt habe die deutsche Presse korrumpiert, kann
dieses vom nationalen Standpunkt und im Vergleich mit dem jetzigen Zu-
stand aushalten. Die wesentlichste Schöpfung der Obersten Heeresleitung
zur Unterrichtung der Presse, die Pressebesprechungen, sind — soviel ich
weiß — als gut und zweckentsprechend auch jetzt noch beibehalten. Das,
was die Oberste Heeresleitung vergeblich erstrebt hat, der Pressechef beim
Reichskanzler, wurde nach der Revolution geschaffen. Auf die Anwendung
von Machtmitteln gegen die Presse ist auch jetzt nicht verzichtet worden.