Die Volksstimmung. 223
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Kampf, den wir zu führen hatten, auch ausreichend. Voraussetzung war
nur, daß wir dem Volke im Sinne dieser Parole sagen konnten, daß es
sich bis zum letzten verteidigen, also kämpfen müsse, wenn wir bis zum
Schluß auf den Vernichtungswillen des Feindes hinweisen konnten. In
dieser Richtung wurde unsere Parole vom Verteidigungskrieg seit der
Mehrheitsbildung brüchig. An Stelle des Vernichtungswillen des Feindes
wurde dem Volk seine nicht bestehende Bereitwilligkeit zur Verständigung
vorgegaukelt, an Stelle des Willens zum Kampf der Wille zum Frieden
gestärkt. Die Parole vom Verständigungsfrieden, unter der wir im
zweiten Teil des Krieges kämpften, war innerlich unwahr. Denn der
Feind wollte sich nicht mit uns verständigen. Deshalb folgte ihr auch nur
ein Teil, und zwar der im Kriege weniger wertvolle Teil des Volkes. Die
Schuld am Ausbruch des Krieges lag in den Augen des Volkes beim Feind.
Die an der Fortsetzung des Krieges mußte unter der Parole vom Verstän-
digungsfrieden der eigenen Kriegführung zufallen.
Mit der Parole, unter der wir kämpften, gleichbedeutend war die Er-
örterung über die „Kriegs= und Friedensziele“. Auch in dieser Begriffs-
bildung spricht sich die Unklarheit über das Wesen des Krieges aus, unter
der wir litten. Kriegsziel und Friedensziele sind etwas in ihrem Wesen
Verschiedenes.
Das Kriegsziel kann nur der Sieg sein. Andernfalls ist jedes Opfer,
das im Kriege gebracht wird, vergebens. Nur im Glauben an dieses
Kriegsziel haben Hunderttausende ihr Leben geopfert. In diesem Kriegs-
ziel müssen Volk, Heer, politische und militärische Führer eins sein.
Hinter diesem Kriegsziel liegen die Friedensziele. Ohne dieses sind
sie nutzlose Hirngespinste. Deswegen muß alles dazu beitragen und darf
im Kriege an nichts anderes denken, als die Kraft des Heeres zu stärken.
Alle Friedensbereitschaft und alle Versuche, zum Frieden zu gelangen,
nahmen dem Heer und Volk sowie seinen Führern nichts ab von den
Pflichten, die der Vernichtungswille der Feinde ihnen allen gemeinsam
aufzwang.
Um die Auffassung zu kennzeichnen, die bei der O. H. L. herrschte, will
ich einen Brief wiedergeben, den ich auf eine Zuschrift an die Kölnische
Volkszeitung sandte und den diese am 4. Juni 1917, also zu einer Zeit
veröffentlichte, als von einem etwa durch die Friedensresolution hervor-
gerufenen Widerspruch noch nicht die Rede sein konnte:
„Es hat mir eine besondere Freude bereitet, zu lesen, daß auf Ihre
Anregung den Pflaumenweichen in der gegenwärtigen Zeit entgegen-
gearbeitet wird. Diese schaden uns an dem Besten, was wir haben, was
uns im ersten Teil des Krieges unseren Gegnern so weit überlegen machte
und uns weiter ihnen überlegen machen muß, nämlich an dem Geist der