Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 25
auch den Weg nach Deutschland. Der russische Nachrichtendienst in Schweden
blieb deshalb auf die Ausfragung der Mannschaft deutscher Handelsschiffe
und auf eine nach kurzer Tätigkeit im Jahre 1917 gesprengte Organisation
beschränkt. Lebhafter, aber weniger aufgedeckt, war die russische Tätigkeit
von Norwegen aus. Der Vorort der russischen Spionage gegen Deutsch-
land wurde Kopenhagen. Erst Anfang 1917 wurde ihr durch die Regie-
rung etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt und das bis dahin sehr un-
genierte Treiben eingeschränkt. «
Neben dem russischen entwickelte sich in den nordischen Reichen be-
sonders der englische Nachrichtendienst. Der Mittelpunkt der militärischen
Erkundung lag in Kopenhagen in der Hand des Obersten Wade. Ihre
Ausläufer erstreckten sich bis Esbierg und Kolding. Der französische Dienst
lehnte sich an den englischen eng an, besonders in Stockholm und Kopen-
hagen. Der amerikanische Nachrichtendienst hielt sich in den nordischen
Reichen von militärischen Aufgaben fern.
Auf den Kriegsschauplätzen war der feindliche Nachrichtendienst um-
fangreich organisiert. Die Gefangenen, besonders die in französische Hand
gefallenen, erfuhren eingehende Befragung, die sich von geschickten bis zu
brutalen Mitteln steigerte. Überläufer, diese ständige und größte Gefahr
für das militärische Geheimnis auf den Kriegsschauplätzen, wurden durch
eine anhaltende Propaganda angelockt. Das Auftauchen von Erkundern,
denen es gelungen war, die Front zu durchschreiten, kam nur noch im Osten
vor. Dafür beförderte der Feind an der Westfront Erkunder mit Flugzeug
und durch Fallschirm in den Rücken der deutschen Truppen und stattete auf
dem Wege durch die Luft die Bevölkerung mit Anweisung und Mitteln
zur Nachrichtenübermittlung aus. Auch Zerstörungen und Sprengungen
wurden, zumal vor größeren Kämpfen, auf diesem Wege erstrebt. Die
Gefahren, die dadurch für die Bevölkerung der Kriegsschauplätze herauf-
beschworen wurden, schreckten weder den feindlichen Nachrichtendienst von
seinen Unternehmungen, noch die Bevölkerung ab, darauf einzugehen. Die
opferwillige und zähe Bereitwilligkeit, die diese bewies, stellte ihrer
Vaterlandsliebe ein hohes Zeugnis aus, war eine mächtige Förderung
des feindlichen Nachrichtendienstes und verlieh ihm das Übergewicht über
den unserigen auf dem Kriegsschauplatz.
In den feindlichen Ländern unterlag besonders die Post der Kriegs-
gefangenen und Internierten scharfer Auswertung. Die hauptsächlichsten
deutschen Zeitungen wurden planmäßig in London und Paris, die deutschen
Provinz= und Fachblätter durch den Nachrichtendienst in Holland und in
der Schweiz sowie durch Agenten in Deutschland selbst überwacht.
Von den neutralen Staaten trieben nachweislich Holland und Däne-
mark Militärspionage gegen Deutschland. Alle duldeten stillschweigend die