Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 29 
  
mationen, Mannschafts= und Offiziersersatz, Ausrüstung, Ausbildung, Ver- 
pflegung, Gesundheitszustand, Moral der deutschen Truppen, das Flug- 
wesen und — besonders von Mitte 1917 an — die Erkundung und Vor- 
bereitung sowie Feststellung der Wirkung von Fliegerangriffen auf west- 
deutsches Land. Nur in der Sabotage gegen die deutsche Industrie und 
Landwirtschaft, die unter französischer Leitung aufblühte, ließ sich der 
französische Nachrichtendienst von seinen sonst rein militärischen Zielen ab- 
lenken. 
Auch die Ziele des russischen Generalstabs blieben rein militärisch, 
weil er das Aufkommen eines wirtschaftlichen und politischen Nachrichten- 
dienstes nicht mehr erlebte. Beim Zusammenbruch Rußlands trat sein 
Nachrichtendienst im Ausland, besonders in Skandinavien, zum größten 
Teil in den Dienst der Entente, vornehmlich Englands. Dafür setzte die 
russische Regierung mit der bolschewistischen Propaganda durch die 
Front, über Skandinavien und die Schweiz sowie durch die Berliner 
Botschaft ein. 
Englands Nachrichtendienst war schon vor dem Kriege und von Kriegs- 
anfang an mit wirtschaftlichen Zielen durchsetzt. Als erkannt war, daß 
Deutschland militärisch nicht niedergerungen werden konnte, als zum Ersatz 
militärischer Erfolge beschlossen wurde, Deutschland auszuhungern und 
innerpolitisch zu zertrümmern, schwenkte der englische Nachrichtendienst 
immer mehr auf die wirtschaftliche und politische Beobachtung Deutschlands 
ab. Die wirtschaftlichen Fragen zielten auf die Ausspähung der deutschen 
Industrie, des Umfangs ihrer Beschäftigung, der Zahl der vorhandenen 
Arbeitskräfte, der vorhandenen Rohstoffe und ihres Ersatzes, der Her- 
stellungsmethoden, der deutschen Handelsverhältnisse mit dem neutralen 
Ausland und der Möglichkeit ihrer Unterbindung. Die politische Er- 
kundung wurde durch die Propaganda ergänzt, um auf dem Wege über 
Arbeitseinstellungen, Unruhen und Stärkung der Friedenssehnsucht die 
wirtschaftliche und militärische Kraft Deutschlands zu brechen. 
Die Führung auf dem Gebiet der innerpolitischen Erkundung und Be- 
einflussung gab England beim Eintritt Amerikas in den Krieg an den 
amerikanischen Nachrichtendienst ab, der, gut vorbereitet und mit außer- 
ordentlichen Geldmitteln den Nachrichtendienst der übrigen Ententestaaten 
nunmehr offen zu unterstützen begann. Die darauf ausgehende Arbeit, 
Deutschland durch innere Unruhen mürbe zu machen, Hetzschriften ein- 
zuschmuggeln und zu verbreiten, die Masse des Volkes gegen die 
weitere kraftvolle Kriegführung aufzuhetzen und zum Umnmsturz der 
bestehenden Staatsordnung zu treiben, durch Arbeitseinstellungen, be- 
sonders in den für die Volksernährung und die Rüstungsindustrie wichtigen 
Betrieben, diese Entwicklung zu fördern, tritt unter Führung Amerikas
	        
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