Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 37
derungen erwogen und berücksichtigt, soweit es die Interessen der Krieg-
führung irgend zuließen. Dennoch blieb viel Widerstand zu überwinden.
Dies trug wesentlich zum langsamen Zustandekommen eines wirksamen
Abwehrdienstes bei. Dabei gerieten auch Initiative und Führung auf
den nicht rein militärischen Arbeitsgebieten der Abwehr immer mehr in
die Hand des Generalstabs. Nur das Reichsamt des Innern vertrat auf
dem Gebiet der Paßfragen selbständig und tatkräftig die Interessen der
Kriegführung. Mit den Staatsbehörden der Bundesstaaten fand im all-
gemeinen kein unmittelbarer Verkehr des Generalstabs statt. Er lief in be-
friedigender Weise über die Kriegsministerien. In den polizeilichen Reservat-
rechten trat aber selbst im Kriege eine störende Empfindlichkeit zutage.
Der Abwehrdienst griff auch in das Ausland hinüber. Die stello.
III B übernahm in Verbindung mit dem Admiralstab dort die nol-
wendigen Ermittlungen und nahm sie aus den Händen einzelner Behörden
im Grenzgebiet, die auch in dieser Richtung dem feindlichen Nachrichtendienst
nachzuspüren selbständig begonnen hatten. Damit konnte dem Ver-
langen des Auswärtigen Amts entsprochen werden, den ihm gebührenden
Einblick und Einfluß auf die Maßnahmen im Ausland zu haben. Dieses
Verlangen wirkte zunächst stark hindernd. Allmählich wurde aber die Be-
rechtigung der Forderungen des Generalstabes besonders im Hinblick auf
das von den Neutralen geduldete Treiben der Feinde im Ausland anerkannt
und ein verständnisvolles Zusammenarbeiten hergestellt. Wie der Nach-
richtendienst vermied auch der Abwehrdienst des Generalstabs im Ausland
jeden Massenbetrieb. Einer gegen viele, konnte er nur straff organisiert
sein Ziel erreichen, die Organisation, Arbeitsweise und Ziele des feindlichen
Nachrichtendienstes aufzudecken. So groß der Umfang der Feststellungen
auch war, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß noch lange nicht alles
aufgedeckt worden ist, und daß der feindliche Nachrichtendienst noch erheblich
umfangreicher war, als nachgewiesen werden kann. An den Vorkomm-
nissen, welche im Ausland unliebsames Aufsehen erregten, wie Bomben-
transporte u. dgl., waren der Nachrichtendienst wie der Abwehrdienst des
Generalstabs gar nicht, an dem Gewimmel von Agenten aller möglichen
Art und Nationalitäten im neutralen Ausland nur mit verschwindendem
Anteil beteiligt.
Zur Verwertung der Feststellungen über den feindlichen Nachrichten-
dienst war in Deutschland vor allem eine leistungsfähige Polizei notwendig.
Diese verfügte in höheren Stellen überhaupt über keinen Beamten, der
auf dem Gebiet der Abwehr sachverständig war. Deshalb fehlte ihr
auch überall zunächst das Interesse, und sie bewies nirgends Initiative.
Von den aus dem Frieden überkommenen Zentralpolizeistellen versagte
besonders die wichtigste, Berlin, für Preußen, vorübergehend auch Karls-