Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 43
digkeit nur gesagt werden, daß die deutsche Presse bis auf ganz wenige
Ausnahmefälle für das rein militärische Geheimnis volles Verständnis
zeigte und den Generalstab bei dessen Wahrung willig und gern unterstützte.
Auf den Gebieten allerdings, die nicht rein militärisch, aber dennoch Beob-
achtungs- und Arbeitsgebiet des feindlichen Nachrichtendienstes waren, auf
wirtschaftlichem und politischem Gebiet, fehlte die Presse oft gegen die
Interessen der Kriegführung. Die bösesten Folgen waren der tiefe Ein-
blick, den der feindliche Nachrichtendienst dadurch in den innerpolitischen
Streit hatte, die Hinweise auf den Zerfall unseres Kampfwillens, die
er fand, um den eigenen Kampfwillen stets neu zu beleben, und der Anhalt,
den er gewann, wie er den offensichtlichen Spalt in der Stimmung des
deutschen Volkes und zwischen den Verbündeten durch die Mittel seiner
Propaganda wirksam verbreitern konnte. Die Einigkeit und überzeugte
Gefolgschaft der Presse fand an den innerpolitischen Grenzen ihr Ende.
Bei der lebhaften Berührung, in die der Abwehrdienst mit vielen Ge-
bieten des öffentlichen und politischen Lebens in dem Umfange geriet, in
dem der feindliche Nachrichtendienst sich ihnen beobachtend oder handelnd
zuwandte, lag die Gefahr vor, daß er sich einseitig oder übertrieben zur
Geltung brachte. Er durfte bei aller ihm bei Kriegsbeginn vorgeschrie-
benen Energie nicht Selbstzweck werden. In allen grundsätzlichen For-
derungen, die er erhob, hatte die O. H. L. daher sich die Vorprüfung vor-
behalten. Der schwere Kampf, den der Abwehrdienst andauernd zu führen
hatte, wozu auch die Überwindung der Schwierigkeiten bei Behörden und
in der Bevölkerung gehörten, nötigte ihn zur Selbstbeschränkung und
immer wieder zum Zusammenfassen seiner Kräfte. Jede Zersplitterung
oder Abschweifung auf Gebiete nebensächlicher Bedeutung mußte seinen
Erfolg schwächen. Eine Verfügung vom Oktober 1916 beschränkte den Ab-
wehrdienst daher auf die tatsächlich notwendigen Gebiete. Im Konkurrenz-
fall mit anderen Interessen wurde sehr gründlich gewogen. Besonders die
Interessen der kriegsgefangenen Deutschen fanden beim General Ludendorff
immer Berücksichtigung und veranlaßten manchen Verzicht für den Ab-
wehrdienst. Auch die Unberührbarkeit des gesamten Eisenbahndienstes, die
vom Feldeisenbahnchef nachdrücklich vertreten wurde, engte den Abwehr-
dienst ein. In der Ausführung störten oft Uneinigkeit und Eifersüchtelei
untergeordneter Behörden und Organe. Sie führten zu überflüssigen oder
übertriebenen, das Gesamtinteresse schädigenden Maßnahmen, die bekämpft
werden mußten.
Auf den Kriegsschauplätzen durchlöcherten besonders die aus man-
cherlei Anlaß unvermeidbaren Zulassungen von allerlei deutschen und neu-
tralen Betrachtern den Abschluß. Daß für sie in jedem Falle besondere
Vorsichtsmaßregeln notwendig waren, ist selbstverständlich. Sie wurden