48 Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr.
lichen Nachrichtendienst der Entente. Über die Ergebnisse unseres auf
diesem Gebiet rührigsten Gegners, des englischen Nachrichtendienstes, sagte
sein Leiter, der General Cockerill, in Abschiedsworten an seine Mitarbeiter
nach dem Kriege: „Sie haben Nachrichten beschafft von unermeßlichem
Wert für das Marine-, Armee= und Handels-Nachrichtenamt. Der Minister
für Blockade glaubt, daß Ihre Arbeit in großem Maßstabe zur wirksamen
Aufrechterhaltung der Blockade beigetragen hat. In bezug auf die Unter-
drückung des feindlichen Handels waren Ihre Nachrichten die wertvollsten
vor allem zum Zweck der Auffindung feindlicher Waren auf neutralen
Schiffen. Sie haben außerdem die Übermittlung von Werten in Höhe von
70 Millionen Pfund verhindert und die feindlichen Überseebeziehungen
vollständig zerstört, soweit sie überhaupt zerstörbar waren."“
Die Aufklärung gegen den feindlichen wirtschaftlichen Nachrichtendienst
hatte der militärische Abwehrdienst aus freien Stücken ausgenommen, nach-
dem dieser als Bestandteill des gesamten feindlichen Nachrichtendienstes er-
kannt worden war. Den Umfang und die Ziele hat der Abwehrdienst fest-
gestellt. Auf die Abwendung der Schäden hatte er keinen Einfluß.
Gegen den politischen Nachrichtendienst des Feindes und seine positive
Folgeerscheinung, die feindliche Propaganda in Deutschland, setzte eine
planmäßige Erkundung erst im Herbst 1917 ein, als bereits Anzeichen dafür
vorlagen, daß die Stimmung der breiten Masse des Volkes durch revo-
lutionäre Bestrebungen unterwühlt wurde. Erst zu dieser Zeit wurde
der Abwehrdienst durch das Kriegsministerium im Einverständnis mit den
anderen Reichs= und Staatsbehörden mit jener Aufgabe beauftragt. Da-
mit war eine Zentralftelle geschaffen, welche das gesamte Material über
die revolutionären Umtriebe, insbesondere über die Mittel und Wege, die
der Feind gefunden hatte, um vom Ausland her den zersetzenden Geist der
Revolution nach Deutschland zu tragen und auszubreiten, sammelte und
denjenigen Stellen zuleitete, welche zur Abwehr dieser Gefahr für den Aus-
gang des Krieges verpflichtet waren. Bis dahin hatten diese —
das Auswärtige Amt, das Reichsamt und die Ministerien des Innern,
der Polizeipräsident von Berlin, das Reichsmarineamt und die Kriegs-
ministerien — sich einzeln vom Standpunkt und in den Grenzen ihrer
Ressorts mit diesen Bestrebungen befaßt. Als einzige Stelle, sie im Zu-
sammenhang aufzudecken, stand die militärische Abwehr-Organisation zur
Verfügung.
Zur Ausführung wurde eine engbegrenzte Organisation geschaffen,
die von der übrigen streng getrennt gehalten arbeitete. Andernfalls
bestand die Gefahr, daß die neue Aufgabe den ganzen Abwehrdienst
politisch durchsetzte. Immerhin hatte der militärische Abwehrdienst
eine ausgesprochen politische Aufgabe übernommen. Er konnte sich nur