Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

  
Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 79 
wohl, gingen aber untereinander verschiedene und auch von der Politik 
der Reichsregierung abweichende Wege. In Fragen der äußeren wie der 
inneren Politik wurde die Autorität der Reichsleitung Fangball zwischen 
Behörden, Presse und Parteien. 
Anstatt daß der Pressedienst der O. H. L. die fehlende Führung hätte 
übernehmen können, mußte er unter diesen Umständen darauf bedacht sein, 
die O. H. L. und das Heer aus dem politischen Spiel herauszuhalten. Im 
November 1915 erhielt er Befehl, grundsätzlich zu verhindern, daß in aktiven 
Dienststellen befindliche Offiziere über Politik und Kriegführung schrieben. 
Im Juni 1916 wies der General v. Falkenhayn erneut darauf hin, 
daß er nicht gewillt sei, die Verantwortung für die von den Zivilbehörden 
ausgehenden Zensuranweisungen zu tragen. Schon monatelang vorher 
hatte die Oberzensurstelle es sich zur Regel machen müssen, bei jeder An- 
ordnung ausdrücklich anzuführen, auf wessen Wunsch sie erging. Sie den 
einzelnen Stellen abzulehnen, war nur bei völliger Unvereinbarkeit der 
Anträge mit der geltenden Zensurpraxis möglich. Im übrigen überstieg 
dies die Zuständigkeit der Oberzensurstelle. 
Obgleich eine politische Zenfur nicht bestehen sollte, wurde sie doch 
immer mehr der einzige Weg, auf dem Reichsregierung und Auswärtiges 
Amt sich der deutschen Presse entledigen zu können glaubten. Die O. H. L. 
hatte mit Übernahme der Oberzensurstelle eine gewisse Verantwortung für 
die Zensur übernommen. Es kam zu scharfem Zusammenstoß zwischen 
Heeresleitung und Reichsleitung. 
Die Zerfahrenheit der Zustände sollte nach außen hin möglichst nicht 
hervortreten. Es hätte die Verhältnisse nicht gebessert. Der Pressedienst 
der O. H. L. trat im Interesse der Staatsautorität ein, soviel er vermochte. 
Ganz zu vermeiden war es nicht, daß es in einzelnen Fällen auch für die 
Offentlichkeit erkennbar wetterleuchtete. Die zunehmenden Reibungen mit 
den Behörden waren der zweite Grund, daß der Pressedienst der O. H. L. 
eine wirklich führende Rolle nicht übernehmen konnte. 
Dazu kam, daß die vorgenannten militärischen Ereignisse im Kriegs- 
verlauf ihm ausreichend eigene Arbeit brachten. Und schließlich deckten 
bekanntgewordene Direktiven, die der Vorsitzende des Vereins deutscher 
Zeitungsverleger Anfang 1916 ausgegeben hatte, das in Pressekreisen 
herrschende Mißtrauen auf, die O. H. L. erstrebe auf dem Weg über das 
Kriegspresseamt politischen Einfluß. Dieser Irrtum war leicht aufzu- 
klären. Er hinterließ aber doch eine neue Entfremdung zwischen dem 
Pressedienst und dem Verlegerverein. Nicht durch Schuld des Presse- 
dienstes. 
Dieser erstrebte nicht einen politischen Einfluß, wohl aber mit Rück- 
sicht auf die Verantwortlichkeit der O. H. L. für den Kriegsausgang die
	        
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