Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 83 
  
Presseabteilungen, in denen meist die Zensur und der übrige Verkehr mit 
der Presse getrennte Arbeitsgebiete bildeten. Beide leitete der Vorstand 
der Presseabteilung unter dem Chef des Stabes. Die Militärbefehlshaber 
persönlich hatten sich in der Regel nur die Entscheidungen in wichtigen An- 
gelegenheiten sowie die Anordnungen der vollziehenden Gewalt, wie Ver- 
warnung, Stellung unter Vorzensur oder Verbot einer Zeitung, vorbehalten. 
In den größeren Städten, wo führende Blätter erschienen, war die Zenfur 
ausschließlich in der Hand der Militärbehörde. Im übrigen lag sie nur selten 
bei den Garnisonkommandos, sondern war den städtischen und ländlichen 
Zivilbehörden übertragen. Die Presseabteilung des Militärbefehlshabers 
leitete den ganzen Betrieb, traf Entscheidungen untergeordneter Bedeutung, 
gab Verfügungen und Richtlinien weiter, vollzog die Zensur am Standort 
und über besondere Blätter außerhalb. Sie stand im dauernden Verkehr 
mit der Oberzensurstelle. Leiter der Presseabteilungen waren an neun 
Stellen aktive Offiziere, an den übrigen etwa vierzig Stellen Offiziere des 
Beurlaubtenstandes. Unter diesen überwogen Juristen und Verwaltungs- 
beamte. Auch Landwirte, Professoren und Lehrer waren unter ihnen ver- 
treten, dagegen kein Journalist. Bei den Generalkommandos in Cassel und 
Posen hatten die Leiter der Rresseabteilungen keinen militärischen Rang. 
Mißstände ergaben sich daraus in keiner Weise. Die Zahl der in den ver- 
schiedenen Presseabteilungen benötigten Zensoren war verschieden. Mili- 
tärischer Dienstgrad spielte bei ihnen keine Rolle. Geeignetheit war Vor- 
aussetzung. An Fachleuten befanden sich unter ihnen ein freier Schriftsteller, 
ein Verlagsbuchhändler und nur ein Pressejournalist. Die Beteiligung 
von Pressevertretern an den Fragen der Zensur war an mehreren Stellen 
versucht, aber von beiden Seiten als unzweckmäßig aufgegeben worden. 
Ebenso ging es mit beratenden Pressebeiräten. In bezug auf parteipoli- 
tisches Hervortreten waren alle im Zensurdienst verwendeten Personen vor- 
sichtig ausgesucht. Dagegen zeigte sich, daß einzelne Zensurstellen 
durch Parteiblätter eingeschüchtert waren. Polizeibehörden oder Beamte, 
die anfangs an verschiedenen Stellen zensierten, verschwanden mit der Zeit. 
Polizeiliche Gesichtspunkte bewährten sich bei Handhabung der Zensur nicht. 
Schwierig war es, die sämtlichen Zensurstellen rechtzeitig mit gleich- 
lautenden Weisungen zu versehen, auch für die überall gleichmäßige Aus- 
legung dieser zu sorgen. An vielen Stellen versuchte eine unter- 
irdische Literatur das zu verbreiten, dessen Verbreitung die Zensur zu ver- 
hindern bestimmt war. Die Aufmerksamkeit hierauf mußte verschärft 
werden. Zensuranordnungen waren in vielen Fällen nicht geeignet, dem 
Feind bekannt zu werden. Sie mußten deshalb geheim behandelt werden. 
Die Unzahl von Zensurstellen bot hierfür eine Gefahr. Weisungen konnten 
deshalb nicht immer bis an die Presse oder bis an die unteren Zensur- 
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