Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

90 Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 
  
durch die Reichsleitung, eine Zusammenfassung der Arbeit aller Zivil- 
ressorts mit der Presse, ein besseres Zusammenarbeiten zwischen mili- 
tärischem und politischem Pressedienst, mit einem Wort eine Verwertung 
aller der Erfahrungen erwartet, die Major Deutelmoser beim Entstehen 
des Kriegspresseamts gesammelt hatte. Es schien zweckmäßig, mit diesem 
Personenwechsel die Führung in Pressefragen auf die Reichsleitung zu 
übertragen. 
Diese Hoffnungen erfüllten sich nicht. Zunächst dauerte es noch bis 
zum Januar 1917, ehe dem Major Deutelmoser eine selbständige Tätig- 
keit eingeräumt wurde. Seine schlimmsten Befürchtungen in bezug auf das 
Fehlen einer Organisation fand er weit übertroffen. Er beging wohl den 
Fehler zu weit ausholenden Aufbaus. Die Frage der Organisation nahm 
ihn ganz in Anspruch und ließ ihm neben der Doppelarbeit der Bericht- 
erstattung über die Presse an Reichskanzler und Staatssekretär keine Zeit 
zur Lösung der Aufgaben, die die O. H. L. von ihm erwartet hatte. 
Die Ereignisse machten dies bald fühlbar. Im November 1916 wurde 
die Presse durch das Polenmanifest überrascht. Weder sie noch die zur 
Presseaufsicht berufenen Militärbefehlshaber waren durch die politische 
Reichsleitung im geringsten unterrichtet. Die O. H. L. erhob beim Reichs- 
kanzler Einspruch. 
Noch verhängnisvoller wurde das Unterbleiben rechtzeitiger amtlicher 
Aufklärung und Weisung beim Erlaß des deutschen Friedensangebots vom 
12. Dezember 1916. Dieser Vorgang bot Anlaß, dem Reichskanzler die 
Zerfahrenheit der Lage zusammenhängend darzustellen. Es wurde noch 
einmal auf die Bedeutung der Presse im Kriege hingewiesen, sowie darauf, 
daß dieser nicht durch die entstandene, die Ziele der Regierung zersplitternde 
und die Presse überlastende Arbeit einzelner Behörden mit der Presse 
entsprochen werde. Die Einrichtung einer Zentralstelle wurde verlangt. 
Das vom General Ludendorff gezeichnete Schreiben schloß: „Es muß 
vermieden werden, daß zu den schon bestehenden Pressestellen etwa nur 
eine weitere hinzutreten und die bestehende Vielheit vergrößern würde. 
Es kommt vielmehr darauf an, etwas Neues zu schaffen, eine Zentralstelle, 
die über den einzelnen Pressestellen steht, von diesen Anregungen erhält 
und sie miteinander in Einklang bringt, und die für ein einheitliches Vor- 
gehen sämtlicher Stellen sowie auch dafür verantwortlich ist, daß bei 
größeren Ereignissen rechtzeitig weitblickende Weisungen erteilt und Maß- 
nahmen verabredet werden. Diese neue Zentralstelle gehört in Anbetracht 
ihrer Aufgabe unter den unmittelbaren Einfluß Euerer Exzellenz. Ich 
würde ihre Errichtung bei der Reichskanzlei für zweckmäßig halten, da 
auch die Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amts in erster Linie nur 
die Sonderinteressen dieses Amts zu vertreten hat. — ECuere Exzellenz
	        
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