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gebildeten Leute ihn daran hindern wollten. Das hat Fürst
Bismarck durchgesetzt im Verfassungskonflikt. Und dadurch
hat er noch mehr geleistet, als die Gründung des Deutschen
Reiches: In einer Zeit, in der fast alle klugen und gebildeten
Leute sich einbildeten, daß die Volkssouveränität die beste Ein-
richtung wäre, hat er nicht nur dem deutschen Volk, sondern der
ganzen Welt gezeigt, was für eine Kraft in dem Königtum
und Kaisertum steckt; daß der König und Kaiser das, was
zum Besten des ganzen Volkes dient, erzwingen kann, auch
wenn noch so mächtige Leute es hindern wollen.“ Freilich kann
er das nur, wenn er so treue Diener findet, wie Fürst Bis-
marck einer war, die unbekümmert um den Widerstreit der
Interessen nur ihrem Landesherrn und Kaiser dienen und
bereit sind, Gut und Leben für ihn zu opfern, weil sie wissen,
daß sie dem ganzen Volke am besten dienen, wenn sie ihm
dienen. Und vielleicht ist das das Größte an seinem Lebens-
werk, daß er darin unser aller Lehrer gewesen ist; daß er uns
darin ein Vorbild für alle Zeiten gegeben hat. Reiche gründen
und große Taten tun ist nur wenigen beschieden; aber treu
dienen ist etwas, was wir alle lernen können. Und wer etwa
zu stolz dazu ist und sich zu gut dazu dünkt, der soll sich
schämen vor dem schlichten Denkmal unter den Eichen des
Sachsenwaldes, das als höchsten Ruhm unseres größten Volks-
genossen, um den alle Völker der Erde uns beneiden, der
Nachwelt verkündet:
Er war ein treuer deutscher Diener seines Kaisers.
Gedenktage aus Fürst Bismarcks Leben.
Wenn man das Leben eines großen Mannes immer recht
deutlich vor Augen haben will, dann muß man sich einige
Tage im Jahre merken, an denen man besonders an ihn