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Geld nicht erlangt werden, diese schenke Gott um Jesu Christi willen
allen denen umsonst, die in aufrichtiger Reue und Buße Gottes
Gnade suchten. Das paßte nun freilich nicht zu Tetzels Handel,
und da Einige sogar die Ablaßbriefe zurückbrachten und ihr Geld
wieder verlangten, wurde Tetzel so wüthend, daß er Luther die
Zunge ausschneiden und ihn verbrennen wollte, und in der That
errichtete er auch in Jüterbogk einen Scheiterhaufen, welcher freilich
ohne den Geächteten niederbrannte. Dieser blieb unerschrocken, lehrte
und predigte gegen den Ablaßhandel, und den 31. Oktober 1517,
mittags 12 Uhr, schlug er an die Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze
an, welche namentlich gegen diesen Mißbrauch gerichtet waren. In
vierzehn Tagen waren diese Sätze fast in ganz Deutschland bekannt
und in vier Wochen hatte sie beinahe die ganze Christenheit gelesen.
Der Papst forderte Luther in einem sehr freundlichen Schreiben auf,
binnen sechszig Tagen in Rom zu erscheinen und sich daselbst über
diese Sätze zu verantworten.
Was sagte nun zu dem allen Friedrich der Weise? Trat er
sogleich auf Luthers Seite? — Nein, das nicht, und dennoch er-
warb sich der Kurfürst große Verdienste um das Werk der Refor-
mation. Friedrich war ein umsichtiger und gerechter Mann. Luther
war sein Unterthan und sein Beamter, und da hielt er es für heilige
Pflicht, zuerst dafür zu sorgen, daß man nicht mit Gewalt gegen
seinen Professor verführe. Man muß erst, meinte er, die Sache unter-
suchen und die Lehren aus der heiligen Schrift widerlegen.
Deshalb ließ es der Kurfürst durchaus nicht zu, daß Luther nach
Rom ging, weil er voraus wußte, daß man dort mit Gewalt gegen
ihn verfahren und ihn jedenfalls wie Huß behandeln würde. Der
Angeklagte sollte in Deutschland verhört werden, und dies geschah
denn auch im Oktober 1518. Sein Richter war der Cardinal
Cajetan. Dieser verlangte, Luther solle seine Lehren ohne Wei-
teres widerrufen. Luther verlangte dagegen, daß man ihm aus der
heiligen Schrift die Frrthümer nachweisen solle. Dies konnte C. ajetan.
nicht. Da faßte er einen andern Plan. Er wollte den Ketzer ge-
fangen nehmen und nach Rom ausliefern. Diesen Gewaltstreich
machte Gott zu nichte, das auserwählte Rüstzeug seiner Kirche kehrte
wohlbehalten nach Wittenberg zurück.
Nichts, weder Cajetans Zureden, noch des Papstes Zorn,
konnten Friedrich den Weisen vermögen, seinen Schutz Luther zu
entziehen. Da dachte der Papst auf andere Mittel. Er überschickte
dem Kurfürsten eine geweihte goldene Rose und hoffte nun sicherlich,
derselbe werde ihm den Gefallen erzeigen und Luther entweder
nach Rom senden, oder ihn wenigstens aus Sachsen vertreiben; aber
auch dieses Geschenk konnte den unbestechlichen Friedrich nicht von der
Bahn des Rechts ablenken — er schützte Luther und sein Werk.