Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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mit den Worten an: „Großmächtigster, allergnädigster Kaiser“, aber 
Karl V. ließ ihn nicht weiter sprechen, sondern sagte: „So? bin ich 
nun Euer gnädiger Kaiser? Ihr habt mich lange nicht so geheißen!“ 
Der tiefgedemüthigte Kurfürst schwieg, zuckte die Achseln, neigte das 
Haupt und seufzte. Dann fuhr er fort: „Ich bin Ew. Kaiserlichen 
Majestät Gefangener und bitte um ein fürstliches Gefängniß!“ — 
In kaltem Tone entgegnete der Kaiser: „Ihr sollt gehalten werden, 
wie Ihr es verdient.“ Hierauf wurde der blutende Kurfürst in ein 
nahes Dorf gebracht, wo man ihm seine Wunden verband. 
In den Herzen der Feinde des evangelischen Deutschlands 
herrschte eine maßlose Freude. Nun, so hoffte man, würde es ein 
Leichtes sein, nach und nach alles wieder in den Schoß der katholischen 
Kirche zurückzuführen. Auch die katholischen Geistlichen zu Meißen 
glaubten nichts Besseres thun zu können, als zur Ehre Gottes über 
den erkämpften Sieg des Kaisers Lob= und Danklieder anzustimmen. 
Am Tage nach der Schlacht (den 25. April) wurde deshalb in dem 
prachtvollen Dome ein prunkvoller Gottesdienst veranstaltet. Es war 
nachmittags 5 Uhr, eben sang man den Ambrosianischen Lobgesang, 
da zuckte — es war im April — ein gewaltiger Blitzstrahl nieder 
und zerstörte unter anderem drei Hauptthürme, welche den Dom 
zierten, ferner die Orgel und die Glocken. Mit donnerähnlichem Krachen 
brachen die Thürme zusammen und richteten beim Niedersturze un- 
geheuern Schaden an. Der verheerende Blitz fuhr endlich durch die 
messingene Platte, welche das Grab eines Domherrn deckte, machte 
eine thalergroße Oeffnung in dieselbe und endete hier seinen furcht- 
baren Lauf. Nur der jetzt noch vorhandene sogenannte „höckerige“ 
Thurm blieb unversehrt. Welch eine wunderbare Fügung war dieses 
Schrecken erregende Ereigniß! Sollte dasselbe vielleicht die Antwort 
auf den Lobgesang sein? 
d) Kurfürst Tohann Friedrich der Eroßmüthige wird zum Tode verurtheilt. 
Die ernestinische Linie verliert die Zurwürde. Gefangenschaft 
des besiegten Kurfürsten. 
Der Kaiser traf nun Anstalten, das befestigte Wittenberg zu 
nehmen. So leicht ging dies aber nicht wie die Besiegung des kur- 
fürstlichen Heeres bei Mühlberg. Wittenberg gehörte damals zu den 
stärksten Festungen Deutschlands und konnte getrost der kaiserlichen 
Belagerung trotzen. 
Da griff der mächtige Kaiser Karl V., um die Uebergabe zu 
erzwingen, zu einem Mittel, das ihm zur Schande gereicht. Er 
ernannte ein Kriegsgericht, bestehend aus spanischen und italienischen 
Offizieren, welche über den gefangenen Kurfürsten zu Gerichte sitzen 
sollten, und wobei der blutdürstige Alba den Vorsitz führte. Dieses
	        
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