Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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bloßen Spaltung blieb es nicht. Sehr bald hielten der bitterste Haß 
und die blutigste Verfolgungssucht in die Gemüther der verschiedensten 
Religionsparteien ihren Einzug. Schon Kaiser Karl V. versuchte 
es, die evangelischen Christen wieder in den Schoß der katholischen 
Kirche zurückzuführen, und wie es 1547 schien, sollte ihm dies auch 
gelingen. « 
Da hatte Gott den feurigen Kurfürst Moritz ausersehen, durch 
welchen er seine Kirche schützte und befestigte. Dieser zwang den 
Kaiser zum Passauer Vertrag, dem endlich 1555 der Augsburger 
Religionsfriede folgte. 
Von da an sollten „die Evangelischen im ganzen deutschen Reiche 
freie Religionsübung haben, und niemand sollte wegen des Glaubens 
eine Kränkung erfahren.“ So war scheinbar alles recht wohl bestellt, 
aber sehr bald zeigte es sich, daß dieser Friede die Herzen noch nicht 
versöhnt hatte. Von allen Seiten, namentlich aber in Böhmen, er- 
hoben sich die bittersten Klagen über Verletzung der Friedensbestim- 
mungen. Hatten katholische Unterthanen eine evangelische Obrigkeit, 
so schrieen jene über Bedrückungen, noch lauter aber wurden die Klagen, 
sobald die Obrigkeit katholisch und die Unterthanen evangelisch waren. 
Hierzu kam, daß das Feuer der Zwietracht von den Jesuiten noch 
mehr angeschürt und durch ihre Kunstgriffe so gewendet wurde, daß 
die Evangelischen ein Recht nach dem andern verloren. 
Zum Unglück regierte damals in Deutschland ein sehr schwacher 
Kaiser, Rudolph II., unter welchem die Unordnung zusehends wuchs. 
Da er ein Stück Land nach dem andern (Ungarn, Mähren) an seinen 
Bruder verlor, so daß ihm nur noch Böhmen und die Kaiserkrone 
verblieb, so mußte er sich gegen die zahlreichen evangelischen Bewohner 
Böhmens freundlich halten, damit er auf ihren Beistand rechnen konnte. 
So schwer es ihm auch ankam, so versprach er ihnen doch (am 11. Juli) 
1609 mit den Katholiken gleiche Rechte und er erlaubte ihnen so viel 
Kirchen zu bauen, als sie wollten. Diese wichtige Urkunde, welche jetzt 
noch auf der Rathsbibliothek zu Zittau aufbewahrt wird, wird der 
Majestätsbrief genannt, und dessen Verletzung ist die nächste Ursache, 
welche den gefährlichen Zündstoff eines nahen Krieges zu einer Flamme 
anfachte, die erst nach 30 Jahren gedämpft werden konnte. 
Scheinbar waren zwar die Gemüther der Protestanten in Böhmen 
wieder beruhigt, zumal da die meisten evangelischen Fürsten Deutsch- 
lands im Jahre 1608 einen Bund — Union (Vereinigung, Bund) 
genannt — geschlossen hatten. An diesem Bündnisse nahmen weder 
Christian II., noch Johann Georg I. Theil, was das evangelische 
Deutschland, da Sachsen damals der mächtigste deutsche evangelische 
Staat war, tief beklagte. Gleichgiltigkeit gegen die evangelische 
Kirche war nicht die Ursache, denn beide Fürsten waren ihrem Glauben 
von ganzem Herzen zugethan. Zwei andere Gründe hielten sie von
	        
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