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dem Beitritt zu diesem Bunde ab, und zwar die Hoffnung, endlich
doch noch Jülich-Cleve-Berg zu erhalten, und Abneigung und Haß
gegen die Reformirten.
Um jenes zu erreichen, vermieden beide Fürsten jede Gelegenheit,
auf irgend eine Weise den Unwillen des Kaisers auf sich zu ziehen.
Den Beitritt zur Union hätte natürlich der Kaiser den sächsischen
Kurfürsten nicht vergeben können. — Der zweite Grund war ein
religiöser. Dieselbe Feindschaft, welche damals die Herzen der
Katholiken und Evangelischen entzweite, trennte leider auch die
meisten Evangelisch-Lutherischen und Evangelisch-Reformirten. Man
hielt es gar nicht für möglich, daß man dadurch der Liebe und Treue
zu seinem Glauben durchaus nicht zu nahe tritt, wenn man die
Glieder einer andern Kirche als seine christlichen Mitbrüder betrachtet.
Der erwähnte Bund, die Union, hatte 1608 den Kurfürsten Friedrich
von der Pfalz zum Oberhaupte gewählt, welcher dem reformirten
Glauben zugethan war. Mit einem reformirten Fürsten ein Bündniß
zu schließen — das konnten die damaligen sächsischen Kurfürsten nicht
über sich gewinnen, obgleich der glaubensstarke Johann Friedrich
der Großmüthige sich nicht im geringsten beunruhigt hatte, mit dem
frommen reformirten Landgrafen Philipp von Hessen 60 Jahre
früher im Bunde zu stehen. Außerdem mochte es unsern Kurfürsten
auch schwer ankommen, einem Bunde beizutreten, dessen Oberhaupt
ihnen an Macht nachstand.
Im Jahre 1611 nahm Matthias, Rudolphs Bruder, den
deutschen Kaiserthron ein. Da er seine katholischen Unterthanen
augenscheinlich begünstigte, so erwachte bei den evangelischen Bewoh-
nern die alte Unzufriedenheit und Erbitterung wieder und es zeigte
sich hier dieselbe Erscheinung, wie bei einem im Verborgenen glim-
menden Feuer. Wie der leiseste Luftzug dasselbe zur hellen Flamme
anzufachen vermag, so bedurfte es auch nur der geringsten Ver-
anlassung, die bis jetzt noch niedergehaltene Erbitterung zum Aus-
bruche zu bringen. Und diese Veranlassung gaben die Bestimmungen
des oben erwähnten Majestätsbriefes. Es war nämlich in demselben
den Evangelischen gestattet, Kirchen zu bauen, aber nicht ausdrücklich
hervorgehoben worden, daß sich diese Freiheit auf alle ohne Ausnahme
erstrecke. Sehr bald wendeten nun die Katholiken die Sache so, daß
sie meinten, dieses Recht beziehe sich nur auf die protestantischen
Stände), nicht aber auf deren Unterthanen, oder auf die Unterthanen
der katholischen Stände. Natürlich wollten die Evangelischen von
solch einer Einschränkung nichts wissen. Man behauptete, im vollen
Rechte zu sein, als sich die evangelischen Unterthanen des Prager
*) Stände waren Besitzer größerer Herrschaften, welchen über die Be-
wohner ihrer Ländereien gewisse Regierungsrechte zustanden.