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und am 11. November zogen sie siegreich in Prag ein, wohin sich sehr
bald auch der Kurfürst begab. Mit Ausnahme einiger Städte befand
sich ganz Böhmen in den Händen der Sachsen. Der eingetretene
Winter brachte Zeit, um sich zu neuen Thaten für das nächste Jahr
zu stärken.
59. Von der Witte des Jahres 1632 bis zum 6. November 1632.
a) Wallensteins zweites Auftreten. General Holk wüthet in Sachsen.
Das siegreiche Vorschreiten der Schweden und Sachsen machte
den Kaiser in Wien zittern, und als die Nachricht von einer zweiten
Niederlage des Heeres und von dem Tode Tilly's einlief, sah er sich
ganz rath= und hilflos. In dieser seiner Noth mußte er sich zu einem
Schritte entschließen, der für ihn als Kaiser höchst demüthigend war.
Im Jahre 1630 hatte er auf wiederholte Vorstellungen der Kur-
fürsten seinen Feldherrn Wallenstein wegen der verübten Barbarei
seines Amtes entsetzt und jetzt mußte er ihn flehentlich bitten, ein
neues Heer zu bilden und den Oberbefehl wieder zu übernehmen.
Des Kaisers Verlegenheit nur zu genau kennend, schlug der stolze
Wallenstein das Gesuch wiederholt ab, bis er endlich nach langem
Zögern als unbeschränkter Oberbefehlshaber zum zweiten Male
an die Spitze des neuen Heeres trat. Schrecken ging vor ihm her.
In unglaublich kurzer Zeit eroberte er Prag und vertrieb die Sachsen
aus Böhmen. Diese wandten sich nach Schlesien, Wallenstein
dagegen zog nach Bayern zu und vereinigte bei Eger sein Heer mit
den Bayern. Mit 50 000 Mann suchte er Gustav Adolph auf.
Beide Feldherren hatten bei Nürnberg ein befestigtes Lager bezogen
und da es hier zu keiner entscheidenden Schlacht kommen wollte, wandte
sich Gustav Adolph südlich nach Bayern, um hierher den Kriegs-
schauplatz zu verlegen. Wallenstein gab sein Lager ebenfalls auf,
folgte aber seinem Gegner nicht, wie dieser gehofft, sondern brach
nach Sachsen auf, um den Kurfürsten zum Abfall von den Schweden
zu zwingen.
Wie einem herannahenden Gewitter gewöhnlich ein heftiger Sturm
vorauseilt, der oft furchtbarer wüthet, als das Gewitter selbst, so ging
es auch hier. Wallensteins Hauptheere zogen zwei Generale,
Holk und Gallas, wahre Tiger in Menschengestalt, mit 6000 Mann
voraus und fielen im August 1632 ins Voigtland und später
ins Erzgebirge ein. Jetzt hob für Sachsen eine Zeit der Noth
und des Elends an, die sich kaum schildern läßt. Da war kein
Schonen, da war kein Erbarmen! Kaltblütig schleuderten die rohen
Krieger zündende Feuerbrände auf die Stroh= und Schindeldächer der
geängstigten Einwohner, und gellendes Hohngelächter der Mordbrenner
Geschichte Sachsens. 6 13