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1680 schritt er ans Werk und 1682 war alles so weit geordnet, daß
er, außer der Besatzung in den Festungen, 10 400 Mann, und zwar
über 7000 Mann Infanterie und über 2000 Mann Koavallerie als
stehendes Heer zählte, welches Jahr als das Geburtsjahr der sächsischen
Armee zu betrachten ist. Nur die Artillerie wurde damals bei jedem
Kriegsfalle frisch einexercirt, welche Truppenabtheilung damals im
Kriege wahrscheinlich lange nicht eine so wichtige Rolle spielte als jetzt;
denn Sachsen zählte damals nicht ganz 150 (142) Mann Artillerie.
An der Spitze dieses Heeres stand ein ungemein begabter Kriegs-
herr, und dies war der Kurfürst Johann Georg III. selbst. Er war
ein kräftiger, stattlicher Mann, welcher sich frühzeitig abgehärtet und
in allerlei ritterlichen Uebungen vervollkommnet hatte. „Aus diesem
Prinzen"“, sagte einst der Oberhofprediger Dr. Weller, „wird mit der
Zeit ein herzhafter Kriegsheld werden, der schwer aus dem Sattel zu
heben sein wird.“ Diese Prophezeiung ging wörtlich in Erfüllung.
Kaum war das neue Heer ins Dasein gerufen, so bot sich auch
schon eine wichtige Gelegenheit dar, eine glänzende Probe der Tapferkeit
abzulegen. Zu jener Zeit zitterte die Christenheit, namentlich die in
Deutschland, noch vor den Türken und man hatte auch alle Ursache,
dieses Volk zu fürchten, denn der damalige Sultan Muhamed IV.
sandte seine Heere aus, um unser größeres Vaterland zu unterjochen.
Zunächst war es auf Wien abgesehen. Nun mußten die Türken, ufn
nach Wien zu gelangen, ihren Zug durch Ungarn nehmen und hier
waren sie auf kräftigen Widerstand gefaßt; allein es ging besser, als
sie dachten. Der katholische Kaiser hatte sich die evangelischen Ungarn
zu Feinden gemacht, weil er diese zum Katholicismus zurückführen
wollte, und so konnten sie sich nicht entschließen, für einen Fürst zu
kämpfen, der ihnen das Heiligste, was sie besaßen — ihre Religion —
rauben wollte.
Unangefochten wälzten sich ungeheuere türkische Heereshaufen
mitten durch Ungarn gerade nach Wien zu. Ein Heer von mehr als
200 000 Mann, angeführt von dem Schwiegersohne des Sultans
(Kara Mustapha), sollte der Hauptstadt Deutschlands und Oesterreichs
den Untergang bringen. Da gab es Arbeit vor, da gab es schwere
Arbeit in der Stadt. Vor der Stadt wurden von den Feinden
Schanzen aufgeworfen, Laufgräben hergestellt, Minen gegraben.
Kanonendonner von hier aus machte den Erdboden zittern, denn ein
furchtbarer Kugelregen sollte Wiens Festungswerke zerstören. In der
Stadt wurden Wälle und Mauern vertheidigt, die beschädigten Stellen
wieder ausgebessert und den Angriffen der wüthenden Türken mit
Löwenmuth 60 Tage lang Widerstand entgegengesetzt. Da ereignete
sich für die Wiener ein Unglück, welches ihrer Stadt den Untergang
drohte. Den Türken war es nämlich gelungen, ein Stück Festungs-
mauer in die Luft zu sprengen. Der Anführer der Wiener (der