Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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eine neue Erscheinung viel von sich reden. Zum ersten Male sah man 
hier Meißner Porzellan zum Verkauf ausgestellt. Und siehe da, der 
Anfang war ein so glücklicher, daß der ganze Vorrath bis auf das 
letzte Stück verkauft wurde und die erste Einnahme 10 071 M. 90 Pf. 
betrug. 
So hätte sich denn alles im schönsten Gange weiter entwickeln 
und vervollkommnen können, indes so recht wollte die junge Anstalt 
nicht gedeihen, und hieran trug leider ihr Direktor die Schuld. 
Schade, daß dieser Mann neben seinen großen Verdiensten ebenso 
große Schwächen besaß. Böttger war im höchsten Grade verschwen- 
derisch und der Unmäßigkeit im Genusse geistiger Getränke ergeben. 
Selten speiste er allein, immer sah man ihn von einem Schwarm 
von Gästen umgeben. Welche Summen kosteten ihm ferner andere 
Liebhabereien! So hielt er sich, außer prachtvollen Pferden, über 
20 Hunde. Sehr bald äußerten sich die Folgen seines unordentlichen 
Lebenswandels. Höchstens 37 bis 38 Jahre alt, sank er, eine welke 
Frucht, ins Grab. Dieser Mann, der von einem einfachen Apotheker- 
burschen bis zum Fabrikdirektor, Bergrath und Baron emporgestiegen 
war; dieser Mann, der anfangs durch seine Ausdauer im Arbeiten 
alle mit Erstaunen erfüllte; dieser Mann, der sich das Vertrauen 
seines Landesherrn in außerordentlich hohem Grade erworben hatte; 
dieser Mann, dessen Name seiner berühmten Erfindung wegen für 
immer in der Geschichte fortleben wird — dieser Mann war leider 
nicht im Stande, sich selbst zu beherrschen. Schmerzlich bleibt es zu 
bedauern, daß wir Böttger nicht ebenso achten können, als wir ihn 
in vieler Hinsicht bewundern müssen. 
Nach Böttgers Tode blühte die Fabrik sichtbar auf. Der Absatz 
stieg mit jedem Jahre und das Meißner Porzellan machte die Runde 
durch ganz Europa. Sachsen die Bereitung des Porzellans in Europa 
allein zu überlassen, das wurde den übrigen europäischen Höfen sehr 
schwer. Sie setzten alles in Bewegung, erst den Chinesen, und da 
dies nicht gelang, dann den Sachsen die Porzellanbereitung abzulernen. 
Fünfundzwanzig Jahre lang scheiterten alle Versuche. Länger aber 
konnte das Geheimniß nicht verborgen gehalten werden und selbst 
dann nicht, als unser Kurfürst das Ausführen der Porzellanerde mit 
dem Strange zu bestrafen drohte. Wien erhielt (1734) nach Meißen 
die erste Porzellanfabrik. Andere Länder, wie Braunschweig, Preußen, 
Bayern, Frankreich 2c. lauschten däs Geheimniß ebenfalls ab, und so 
entstand in Deutschland und Europa, namentlich nach dem sieben- 
jährigen Kriege, eine Porzellanfabrik nach der andern. In Bezug 
auf Malerei und Vergoldung wetteiferten auswärtige Fabriken, 
namentlich die Berliner, mit der Meißner, während diese Porzellan 
liefert, das rücksichtlich der Weiße, der Festigkeit und des hellen 
Klanges immer noch den ersten Rang einnimmt.
	        
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