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und so viel Kurgäste eingetroffen sind. Letzteres Bad ist eins der
ältesten unsers Vaterlandes und da es seinen Namen von dem Kur-
fürsten Friedrich August I. erhalten hat, so sei hier der Entstehung
desselben ausführlich gedacht.
Im Juli 1714 zog sich über Radeberg ein furchtbares Gewitter
zusammen, das gleichzeitig an drei verschiedenen Orten der Stadt
zündete. Da damals die meisten Häuser Schindeldächer trugen, so
griffen die verheerenden Flammen mit so rasender Schnelligkeit um
sich, daß in kurzer Zeit fast die ganze Stadt in Asche gelegt wurde.
Was nun thun? Mit Gottvertrauen legte man rüstig Hand ans
Werk, um aus der eingeäscherten Stadt eine neue erstehen zu lassen.
Namentlich ging der damalige Bürgermeister Seidel den Einwohnern
durch seine Umsicht und männliche Entschlossenheit mit einem nach-
ahmungswürdigen Beispiele voran. Um die nöthigen Baumaterialien
möglichst billig erlangen zu können, durchsuchte er die nächste Um-
gegend, ob ihr nicht Bausteine, Sand, Kalk u. dergl. abzugewinnen
seien. Man drang in die Eingeweide der nächsten Berge ein und
diese lieferten Steine; ebenso entdeckte man in Radebergs nächster
Umgebung eine reiche Fülle von Sand.
Noch fehlte ein Kalkflötz. Ein Hoffnungsstrahl dämmerte in
Seidels Seele auf. Draußen im „Tannengrund“, da, wo man jetzt
das Augustusbad findet, hatte man früher Bergbau getrieben, den-
selben aber (1584) wieder liegen lassen. Diese Gegend hielt Seidel
zur Auffindung von Kalkflötzen für geeignet. Kalk fand Seidel nicht,
wohl aber Eisenerz, und sogleich faßte er den Entschluß, dasselbe
bergmännisch bearbeiten zu lassen. Eines Tages schlug er mit seinem
Schwager und einem Steiger wacker ein, wobei es nicht ohne empfind-
liche Verwundungen an Händen und Füßen abging. Endlich stieß
man auf einen Stollen, der sogleich geöffnet ward. Betroffen wichen
Seidels Mitarbeiter zurück, da ihnen ein mächtiges Bergwasser ent-
gegenquoll. Nur Seidel wich nicht. Er legte vielmehr seine Kleider
ab und watete bis an den Hals ins Wasser hinein. Ruhige Zuschauer
abzugeben, dazu konnten sich die beiden Anderen nicht entschließen.
Sie folgten Seidels Beispiele, obgleich sie ihrer Wunden wegen dem
Wasser möglichst fern geblieben wären. Wunderbar, nach einigen
Tagen hatten sich ihre offenen Schäden geschlossen und die Schmerzen
waren gehoben. Ganz von selbst drängte sich ihnen die Vermuthung
auf, daß sie diese wohlthätige Wirkung jener geheimnißvollen Quelle
zu verdanken hätten.
Ein neuer Entschluß entstand in Seidels Seele: Radeberg erhält
einen Gesundbrunnen! Und so geschah es auch. Bald drang der gute
Ruf des neuen Bades bis in die entferntesten Gegenden, und Kranke
und Gebrechliche eilten herbei, um hier Heilung und Linderung zu
suchen. Eines Tages fand sich auch ein sehr hoher Badegast ein,