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Die Ausgaben für Ausführung der Bauwerke und für Berei-
cherung der Kunstschätze waren zwar sehr bedeutend, es wurden aber
Werke ins Leben gerufen, welche dem Lande wieder zu Gute gingen,
bis auf den heutigen Tag viele Fremde nach Sachsen ziehen, die Aus-
bildung der Künstler unterstützen, allen Bewohnern bei dem Besuche
der reichen Kunstsammlungen einen hohen Genuß gewähren und den
Sinn für Edles und Erhabenes befördern. August des Starken
Verdienste um die Kunst wird die Nachwelt sicherlich jederzeit in
dankbarem Andenken erhalten. Zu bedauern bleibt es aber, daß
dieser kunstliebende Fürst außerdem noch hohe, hohe Summen zu
glänzenden Festen und Vergnügungen verwendete, welche für die
Dauer ohne allen Nutzen und Gewinn blieben. Zwar ist zuzugeben,
daß die prunkvollen Hoffeste den Künstlern, Kaufleuten und Hand-
werkern vielfache Gelegenheit zu Verdienst boten, daß die herbei-
strömenden Fremden den Gastwirthen und andern Leuten so manche
Einnahmen verschafften, aber es wurde auch durch dieselben der Hang
nach Zerstreuung, es wurde Vergnügungssucht und Verschwendung
unterstützt.
Nur, um jene Zeit zum Unterschiede von der unfrigen näher
kennen zu lernen, sei einiges aus dem Hofleben August des Starken
hervorgehoben. Bis auf den heutigen Tag hat sich die Sitte erhalten,
vor Eintritt der Fastenzeit allerlei Festlichkeiten, namentlich Masken-
bälle zu veranstalten. Weit mehr, als bei uns, zeigt sich diese Sitte
in den katholischen Ländern des südlichen Europas, wo zu den Fast-
nachtsfreuden auch öffentliche Aufzüge maskirter Personen gehören,
die durch allerhand Scherze und Possen die Zuschauer zu belustigen
suchen. Weil die nachfolgende Fastenzeit den Katholiken den Genuß
von Fleischspeisen beschränkt und weil den Evangelischen in dieser
Zeit wenigstens alle geräuschvollen Vergnügungen untersagt sind, so
verschaffte man sich, namentlich drei Tage vor dem Eintritt der
Fastenzeit, noch allerlei Genüsse in Speise und Trank.
Diese Fastnachtsvergnügungen — das Carneval genannt —
waren es ganz besonders, die August der Starke zu prunkvollen
Festen benutzte. Wahrhaft großartig, freilich auch sehr kostspielig,
waren die veranstalteten Aufzüge durch die Straßen der Stadt. Da
erschienen die hohen Herrschaften nebst ihren Gästen und ihrer Um-
gebung in langen Zügen in der Tracht heidnischer Götter und
Göttinnen, stellten ein andermal die verschiedenen Nationen Europas
dar, wobei der Kurfürst einigemal als türkischer Sultan auftrat, ver-
schmähten es aber auch nicht, wiederum in ländlicher Tracht zu er-
scheinen und einen Bauernaufzug darzustellen. Bei dergleichen Auf-
zügen spielten sehr oft gezähmte Raubthiere eine wichtige Rolle; so
erblickte man in einem derselben vier zahme Bären und einen ge-
zähmten Tiger. Auch an allerlei Kurzweil ließen es die Festtheil-