Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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zuweisen, sondern seit 1865 besitzt auch seine Vaterstadt Hainichen 
eins dergleichen. Ueberdies besteht in letzterer Stadt auch seit ungefähr 
60 Jahren eine „Gellertstiftung“, aus welcher an des Verewigten 
Geburtstage hochbetagten Armen Unterstützungen zufließen. 
Die drei schlesischen Kriege. 
82. Verranlassung zu denselben. 
Um die Veranlassung zu diesen drei Kriegen, in welche Sachsen 
tief verwickelt wurde, genau kennen zu lernen, müssen wir uns Fol- 
gendes vergegenwärtigen. Bis zum Jahre 1806 stand Deutschland 
unter einem Kaiser, welche Würde seit dem Jahre 1457 mit dem 
österreichischen Fürstenhause verbunden war. In der Zeit von 1659 
bis 1705 regierte in Deutschland Kaiser Leopold I., welchem seine 
zwei Söhne unter den Namen Joseph I. (1705— 1711) und 
Karl VI. (1711—1740) nachfolgten. Beide Brüder hinterließen 
nur Töchter (Karl VI. nur eine Tochter), und es war mit Gewißheit 
vorauszusehen, daß nach dem Aussterben des Mannsstammes ver- 
schiedene europäische Fürstenhäuser Erbansprüche auf die österreichischen 
Staaten erheben würden und daß dies eine Zersplitterung der großen 
Monarchie zur Folge heben müßte. 
Um jeden Preis wollte dies Karl VI. verhindern. Er setzte des- 
halb einen Erbvergleich auf, nach welchem alle seine Lande seiner 
einzigen Tochter — Maria Theresia — ungetheilt anheim fallen 
sollten. Diesen Erbvertrag — unter dem Namen pragmatische Sanction 
bekannt?) — wünschte er von den größten Staaten Europas anerkannt 
zu wissen, was auch zu seiner großen Freude geschah. Unmittelbar nach 
ihres Vaters Tode nahm Maria Theresia sämmtliche österreichische 
Staaten in Besitz, allein der Kurfürst von Bayern (Karl Albert), 
der jenen Vertrag nicht mit unterzeichnet hatte, erklärte feierlichst, 
daß er Maria Theresia nicht als rechtmäßige Nachfolgerin ihres 
Vaters anerkenne, weil das Haus Bayern gerechtere Ansprüche auf 
Oesterreich habe. Unter anderem machte er geltend, daß seine Gemahlin 
die Tochter Josephs I., also die Tochter des älteren Bruders sei. 
Gingen die österreichischen Staaten auf die weibliche Linie über, dann 
hätte seine Gattin den Vorzug. 
*) Pragmatisch heißt zunächst lehrreich, gemeinnützig. Pragmatische 
Sanction hat eine engere und weitere Bedeutung und heißt im letzteren Sinne 
eigentlich: Ein Gesetz zur allgemeinen Wohlfahrt, welches bleibende („ewige") 
Giltigkeit hat. Im vorliegenden Falle ist die allgemeine Bedeutung auf einen 
speciellen Fall angewendet.
	        
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