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Sachsen rückte den Russen nach und bewies eine außerordentliche
Bravour.
Die französische Hauptarmee, unter ihr mehrere sächsische Regi—
menter Kavallerie und eine Abtheilung reitender Artillerie — ungefähr
5000 Mann — drang unter Napoleon nach Smolensk vor. Zwar
blieb derselbe, wenn auch mit furchtbaren Verlusten, überall Sieger,
aber es zeigten sich andere Feinde, gegen welche seine Macht zur
Ohnmacht wurde. Drückende Hitze, undurchdringliche Staubwolken
und Mangel an Futter für die Pferde erzeugten Krankheiten und
entmuthigte seine Krieger. Dessenungeachtet waren die Franzosen bis
auf 14 Meilen vor Moskau vorgedrungen. Hier stellten sich ihnen
an der Moskwa 130000 Russen entgegen. Am 7. September
kam es zu einer mörderischen Schlacht. Einen so heißen Kampf
hatten wohl die Streiter beider Heere noch nie bestanden, und auch
diesmal bewährten unsere Landsleute ihren alten Ruhm der Tapferkeit.
In der Mitte des Schlachtfeldes erhob sich eine gewaltige
Schanze, von deren Besitz der Sieg mit abhing. Franzosen und
Italiener stürmten wiederholt gegen sie an, aber so oft es geschah,
so oft wurden sie auch zurückgeworfen. „Die Sachsen vor!“ kommandirte
Napoleon. Sie rückten vor, sie stürmten an und die Schanze wurde
genommen. Der Preis, um welchen es gelang, war ein furchtbarer.
Fünfhundert und sechszig unserer Landsleute bedeckten als Leichen
die fremde Erde.
Dem Einzug Napoleons in Moskau stand nun kein
Hinderniß mehr im Wege. Derselbe erfolgte den 14. September.
Die Sachsen nahmen an denselben mit Theil, erhielten aber ihre
Quartiere außerhalb der Stadt angewiesen. Hier hatten sie mit dem
bittersten Mangel zu kämpfen. Die Russen hatten alles verwüstet und
die vorhandenen Lebensmittel fortgeführt. Einen kläglichen Anblick
gewährten besonders die früher so stattlich aussehenden sächsischen
Pferde. Längere Zeit bestand ihre Hauptnahrung fast nur in Stroh
von den Dächern.
Dies alles war nur ein kleines Vorspiel von der Noth, die
bald in der furchtbarsten Größe über die ganze Armee hereinbrechen
sollte. Moskau, das den Franzosen zum Wintergquartier dienen sollte
und wo sie sich von den bestandenen Strapazen erholen wollten, ging
in Flammen auf. Der scheinbar allgewaltige Napoleon sah sich auf
einmal rathlos. Mit dem tiefsten Groll im Herzen verließ er mit
seinen entmuthigten Streitern die verwüstete Stadt, und da er fürchten
mußte, von den Russen umzingelt und von aller Verbindung ab-
geschnitten zu werden, trat er endlich nach langem, nutzlosem Zögern
Mitte Oktober den Rückzug an.
Alles schien sich zu vereinigen, diesen Zug zu dem fürchterlichsten
zu machen, den man sich vorstellen kann. Hungersnoth, vordringende