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104. Hie wichtigsten Gesetze während Antons Negierungszeit.
Die neue Städteordnung und Landgemeindeordnung. — Ablösung der
Frondienste und Errichtung der Landrentenbank. — Zusammenlegung
der Erundstüche. — Preußisch deutscher Bollverein. — Das Heimatsgesetz. —
Die Gesindeordnung. — Ueue Eintheilung des Landes. — Das neue Schul-
gesetz. — Antons 80fährige Geburtstagsfeier und sein Tod,
den 6. TLuli 1836.
Kurz nach Einführung der neuen Staatsverfassung erschien ein
wichtiges Gesetz nach dem andern, wodurch fast alle öffentlichen Ver-
hältnisse eine neue Gestalt erhielten. Die hauptsächlichsten derselben
betrafen: Die Gemeindeverfassung in den Städten oder die
neue Städteordnung.
Die Bewohner eines Dorfes oder einer Stadt, welche eine Ge-
meinde oder Kommune bilden, haben gewisse Angelegenheiten zu ver-
walten, welche nur ihr Dorf oder ihre Stadt, nicht aber das
Staatswesen berühren. Soll der Ort abends beleuchtet, soll ein
Gemeindehaus erbaut, soll die thurmlose Kirche mit einem Thurme
versehen, soll ein Gemeindewald in Feld umgeschaffen werden und dergl.,
so sind dies reine Gemeindeangelegenheiten. Darf nun eine Kommune
ihre Angelegenheiten ganz frei selbst besorgen oder hängt sie hierbei
auch von der Aufsicht der Staatsregierung ab? Ein gewisses Aufsichts-
recht ist der Regierung bei Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten
wohl von niemandem bestritten worden.
Sollte, um ein Beispiel hervorzuheben, ein Gemeindehaus an
einem Orte errichtet werden, welcher für die Gesundheit der Bewohner
nachtheilig wäre, so würde jeder die Regierung nicht blos berechtigt,
sondern sogar für verpflichtet halten, dagegen einzuschreiten. Bis
zum Jahre 1832 beklagte man sich oft darüber, daß die Angelegen-
heiten der einzelnen Gemeinden von der Regierung zu weit überwacht
würden, und daß sie sich um Dinge kümmere, welche der Kommune
zu überlassen seien. Mit Freude begrüßte man daher obiges Gesetz,
welches eine ganz neue Städteordnung ins Leben rief. Zunächst erhielt
der Stadtrath in Verwaltung von Gemeindeangelegenheiten größere
Freiheiten, und der Gemeinde wurden ebenfalls größere Rechte ein-
geräumt. Dieselbe wählte nämlich unter dem Namen „Stadtverordnete“
Gemeindevertreter, welche alle Angelegenheiten der Kommune über-
wachen, und welche den meisten Beschlüssen des Stadtraths ihre
Zustimmung zu ertheilen haben.
Außerdem verlieh die neue Städteordnung der Kommune noch
ein anderes, sehr wichtiges Recht. An der Spitze des Stadtraths
steht nämlich ein auf Lebenszeit erwählter Bürgermeister, bei dessen
Ernennung die Stadtverordneten eine entscheidende Stimme haben.