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Landesvater an den Tag zu legen. Derselbe konnte sich nämlich der
seltenen Gnade Gottes erfreuen und am 27. Dezember 1835 seinen
80 jährigen Geburtstag begehen. Wie sich dankbare Kinder am
Geburtstagsmorgen ihres Vaters um denselben versammeln, um ihm
ihre freudige Theilnahme kundzugeben und ihre kindlichen Wünsche
darzubringen, so gestalteten die Sachsen auch den 80jährigen Geburts-
tag des Landesvaters zu einem großen, herzlichen Familienfeste.
Ueberall gab sich die freudigste Theilnahme kund, und die innigsten
Segenswünsche begleiteten den hochbejahrten König in ein neues
Lebensjahr hinüber. Es war seine letzte Geburtstagsfeier.
König Anton fühlte seine Lebenskraft zusehends schwinden. Zwar
bezog er noch in den freundlichen Maitagen 1836 sein Sommerschloß
Pillnitz, allein der Aufenthalt in der herrlichen Natur vermochte das
Sinken der Kraft nicht aufzuhalten. Am 6. Juni 1836 mittags
½12 Uhr entschlummerte Anton der Gütige sanft und selig.
Sein Leichnam ward auf der Elbe der nahen Residenz zugeführt
und in der Gruft unterhalb der katholischen Kirche beigesetzt. Nicht
ganz 10 Jahre hatte sein Haupt die Königskrone geschmückt, dessen-
ungeachtet war in dieser kurzen Zeit für Sachsen Großes geschehen.
Antons des Gütigen Andenken wird in der sächsischen Geschichte
fort und fort in Segen bleiben. Auch durch äußere Erinnerungen,
namentlich in der Residenz, wird sein Name in Andenken fort-
erhalten werden. Ein Theil von Neustadt-Dresden, welcher früher
„Neuer Anbau“ hieß, nahm zu Ehren des Königs 1835 den Namen
„Antonstadt“ an. Der große, freie Platz zwischen der polytechnischen
Schule und dem Postgebäude führt ebenfalls des verewigten Königs
Namen, und in Friedrichstadt-Dresden erhielt am 27. Dezember 1836
ein einfaches Denkmal die Weihe, welches an die 80jährige Geburtstags-
feier des Königs Anton erinnert.
105. Friedrich August II., G. Juni 1836 bis 9. August 1854.
a) Trübe Jugendfahre. — Häusliches Leid, häusliche Freuden. — Liebe
zu den Wissenschaften und zur Bunst. — Beisen.
Bei dem Tode des Königs Anton hatte Friedrich August schon
fünf Jahre lang die Geschäfte der Regierung als Mitregent im Verein
mit seinem königlichen Onkel besorgt. Es stand ihm daher, als er
die Regierung allein übernahm, ein reicher Schatz von Erfahrungen
zur Seite. Ueberdies waren diese Erfahrungen in der Schule
schwerer Prüfungen reich vermehrt worden. Noch nicht 7 Jahre alt,
verlor Friedrich August schon seine Mutter (Therese, geb. Prinzessin
von Parma) durch den Tod. Als 13jähriger Prinz mußte er mit
der königlichen Familie Vaterstadt und Vaterland verlassen, um in
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