— 445 —
der Ausführung solch eines unglücklichen Planes ihren Arm sicherlich
nicht geliehen haben. Im Großherzogthum Baden trat jener versteckte
Plan recht sichtbar zu Tage. Hier hatte der Großherzog die deutsche
Reichsverfassung anerkannt, und dennoch wurde er vertrieben und das
Land zur Republik erklärt.
In den letzten Tagen des Monats April, sowie in den ersten
des Mai 1849 herrschte auf den nach Dresden führenden Straßen
ein ganz eigenthümliches Leben. Turner mit Musketen, Fabrikarbeiter
mit Säbeln, Spießen, oder Sensen an langen Stäben, und andere
junge, auch wohl alte Leute aus den Städten eilten der Residenz zu.
Viele, die man nach Dresden zu gehen gezwungen hatte, konnten
den Mißmuth nicht verbergen, der ihr Inneres durchzog. Wie gern
hätten sie die friedliche Heimat wieder aufgesucht und wären ihren
harmlosen Beschäftigungen nachgegangen, hätte sie die Furcht hiervon
nicht abgehalten. Den wahren, den besonnenen Freund des Vater-
landes ergriff bei dem Anblicke der heranziehenden Scharen, mit
deren Hilfe Sachsens und Deutschlands Heil hergestellt werden sollte,
ein Gefühl gerechter Besorgniß. „Welche Greuel können diese Scharen
verüben und welche Verbrechen können sie an fremdem Eigenthume
begehen, wenn sie von ihren Führern nicht mehr zu bändigen
sind!“ — diese Gedanken drängten sich jedem echten Sachsen auf.
Diese Besorgniß wurde um so größer, da die größere Hälfte der
Armee in Schleswig-Holstein stand.') Immer unbehaglicher wurde
es in Dresdens Mauern. Da traute der Nachbar dem Nachbar nicht,
weil er nicht wußte, welcher Partei er angehörte. Dort brütete
der eine über Plänen, die nichts Gutes ahnen ließen; hier gab es
einen Simei, welcher unsern theuern, edlen König in der gemeinsten
Weise schmähte, während ein Anderer im Stillen flehte, daß Gott
allen bösen Rath und Willen brechen, und daß er seinen Gesalbten
in seinen allmächtigen Schutz nehmen möchte. Viele Bewohner eilten
zu den Thoren hinaus, um in den Dörfern eine sichere Zufluchtsstätte
aufzusuchen; andere durchschritten ängstlichen Blickes die Stadt und
unterbrachen ihr Schweigen nur dann und wann, indem sie ihre
wohlgesinnten Bekannten halblaut fragten: „Wie wird dieses Thun
und Treiben noch endigen?“ Mit jeder Viertelstunde steigerte sich
die Besorgniß. Unbekannte Gestalten erschienen an den Ein= und
Ausgängen der wichtigsten Straßen und ertheilten in geheimnißvoller
Weise allerhand Befehle. Auf einmal regten sich geschäftige Hände.
Man riß das Straßenpflaster und die Trottoirs auf, errichtete hohe
Barrikaden, schleppte Stühle, Bänke und anderes Geräth herbei, um
hinter diesen Bollwerken den anrückenden Soldaten trotzen zu können.
*) Des Zusammenhanges wegen wird hierüber weiter unten Näheres
erwähnt werden.