Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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der Ausführung solch eines unglücklichen Planes ihren Arm sicherlich 
nicht geliehen haben. Im Großherzogthum Baden trat jener versteckte 
Plan recht sichtbar zu Tage. Hier hatte der Großherzog die deutsche 
Reichsverfassung anerkannt, und dennoch wurde er vertrieben und das 
Land zur Republik erklärt. 
In den letzten Tagen des Monats April, sowie in den ersten 
des Mai 1849 herrschte auf den nach Dresden führenden Straßen 
ein ganz eigenthümliches Leben. Turner mit Musketen, Fabrikarbeiter 
mit Säbeln, Spießen, oder Sensen an langen Stäben, und andere 
junge, auch wohl alte Leute aus den Städten eilten der Residenz zu. 
Viele, die man nach Dresden zu gehen gezwungen hatte, konnten 
den Mißmuth nicht verbergen, der ihr Inneres durchzog. Wie gern 
hätten sie die friedliche Heimat wieder aufgesucht und wären ihren 
harmlosen Beschäftigungen nachgegangen, hätte sie die Furcht hiervon 
nicht abgehalten. Den wahren, den besonnenen Freund des Vater- 
landes ergriff bei dem Anblicke der heranziehenden Scharen, mit 
deren Hilfe Sachsens und Deutschlands Heil hergestellt werden sollte, 
ein Gefühl gerechter Besorgniß. „Welche Greuel können diese Scharen 
verüben und welche Verbrechen können sie an fremdem Eigenthume 
begehen, wenn sie von ihren Führern nicht mehr zu bändigen 
sind!“ — diese Gedanken drängten sich jedem echten Sachsen auf. 
Diese Besorgniß wurde um so größer, da die größere Hälfte der 
Armee in Schleswig-Holstein stand.') Immer unbehaglicher wurde 
es in Dresdens Mauern. Da traute der Nachbar dem Nachbar nicht, 
weil er nicht wußte, welcher Partei er angehörte. Dort brütete 
der eine über Plänen, die nichts Gutes ahnen ließen; hier gab es 
einen Simei, welcher unsern theuern, edlen König in der gemeinsten 
Weise schmähte, während ein Anderer im Stillen flehte, daß Gott 
allen bösen Rath und Willen brechen, und daß er seinen Gesalbten 
in seinen allmächtigen Schutz nehmen möchte. Viele Bewohner eilten 
zu den Thoren hinaus, um in den Dörfern eine sichere Zufluchtsstätte 
aufzusuchen; andere durchschritten ängstlichen Blickes die Stadt und 
unterbrachen ihr Schweigen nur dann und wann, indem sie ihre 
wohlgesinnten Bekannten halblaut fragten: „Wie wird dieses Thun 
und Treiben noch endigen?“ Mit jeder Viertelstunde steigerte sich 
die Besorgniß. Unbekannte Gestalten erschienen an den Ein= und 
Ausgängen der wichtigsten Straßen und ertheilten in geheimnißvoller 
Weise allerhand Befehle. Auf einmal regten sich geschäftige Hände. 
Man riß das Straßenpflaster und die Trottoirs auf, errichtete hohe 
Barrikaden, schleppte Stühle, Bänke und anderes Geräth herbei, um 
hinter diesen Bollwerken den anrückenden Soldaten trotzen zu können. 
  
*) Des Zusammenhanges wegen wird hierüber weiter unten Näheres 
erwähnt werden.
	        
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