Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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106. Johann, 10. August 1854 big 29. Oktober 1873. 
Tugendzeits), Ausbildung, Landständische Thätigkeit. — Familienverhältnisse. 
Der allgemein verehrte König Johann war der jüngste Sohn 
des Prinzen Maximilian und der Prinzessin Theresia von Parma 
und ward den 12. Dezember 1801 in Dresden geboren. Noch nicht 
3 Jahre alt, verlor er durch den Tod seine vortreffliche Mutter. 
Sehr bald gelangte der Vater des jungen Prinzen zu der freudigen 
Gewißheit, daß sein Sohn mit einem reichbegabten Geiste ausgestattet 
sei. Mit größter Sorgfalt wurden diese Anlagen gepflegt. Daß sich 
dieselben glänzend entwickeln würden, ließ sich mit Gewißheit an- 
nehmen, weil mit der besonderen geistigen Befähigung auch ein 
außerordentlicher Eifer im Lernen Hand in Hand ging. Namentlich 
verwandte der Prinz seine ganze Zeit und Kraft auf das Studium 
der Rechts= und Staatswissenschaften, sowie auf das der Ge- 
schichte und der alten und neueren Sprachen. 
Von den alten Sprachen erforschte der Prinz mit eisernem Fleiße 
und unermüdlicher Ausdauer ganz besonders die griechische; von den 
neueren machte er sich die englische, die französische und die italienische 
zu eigen. Italien besaß 1300 nach Christo einen großen Dichter, 
Dante (Alighieri) mit Namen. Dieser Mann schilderte in hundert 
Gesängen die damaligen Zustände in Staat und Kirche. Mit größtem 
Interesse studirte der Prinz dieses Werk, und nach und nach vertiefte 
er sich so sehr in dasselbe, daß der Entschluß in ihm reifte, es in die 
deutsche Sprache zu übersetzen und durch Anmerkungen zu erklären. 
Als das Werk 1836 erschien, erregte es, namentlich auch bei den 
Engländern, die allgemeinste Aufmerksamkeit. Prinz Johann von 
Sachsen hatte sich durch diese Arbeit in der Reihe der Gelehrten 
einen hervorragenden Platz errungen; als Schriftsteller nannte er sich 
Philalethes, d. h. Wahrheitsfreund. Auch mit anderen Gebieten des 
Wissens machte sich der Prinz vertraut. So besuchte er z. B. zwei 
Sommer hindurch wöchentlich einigemal das Polytechnikum, um sich 
von dem Professor der Chemie in das Wesen dieser Wissenschaft ein- 
führen zu lassen. 
Ein schöneres Urtheil über die wissenschaftlichen Bestrebungen 
und über den Charakter des Prinzen läßt sich kaum denken, als das, 
welches Jean Paul im Jahre 1822 über denselben fällte. Es lautet: 
„Die Welt muß einem immer lieber werden, da es darin Prinzen 
von solchem Geiste, von solchen Kenntnissen und Gesinnungen giebt, 
wie ich heute einen kennen und lieben lernte.“ (Der Dichter meinte 
*) Ist bei der Jugendzeit des Prinzen Friedrich August, des nachmaligen 
Königs Friedrich August II., wiederholt mit erwähnt worden.
	        
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